STOP FOLTER / Update 19.05.2015
Update on Adrian's situation
The Federal Attorney General's Office has not given any indication yet as to whether they are considering the possibility of dropping charges against Adrián. It's difficult to read whether they are considering it or not - they haven't told us anything and they haven't told anything to Adrian's lawyer either. There is no deadline for them to respond. Nothing stops them from dragging this case all the way to the end of trial. We should keep up the pressure.
Regarding the charges against the torturers: the judge is yet to issue his decision as to whether he accepts the charges (and issues arrest warrants) or he rejects them. The lawyer tells us he is likely to accept the charges and issue arrest warrants. His deadline is this week. The Baja California state human rights commission is due to issue its report on Adrián's case this week. This is kind of unexpected. We'll monitor this development and see whether we can work with them.
Adrián is in good health, a bit anxious to hear the good news all of us would like to hear. But we are not there yet.
Given the developments outlined above we are asking you to continue taking action - beyond the previous deadline of 5 June. We will confirm final plans for petition delivery and timeline as soon as possible.
Häftling gefoltert
Adrián Vasquez Lagunes ist von PolizeibeamtInnen gefoltert worden– offenbar, um ihm schwerwiegende Straftaten zur Last legen zu können. Er befindet sich seit September 2012 in der im Norden Mexikos gelegenen Stadt Tijuana in Haft. Alle gegen ihn vorliegenden Beweise gehen auf Folter und andere Verstösse gegen die Richtlinien für ein rechtsstaatliches Verfahren zurück. Am 7. April 2015 sind drei seiner mutmasslichen Folterer angeklagt worden. Die Behörden müssen Adrián Vasquez Lagunes freilassen und alle für seine Folterung Verantwortlichen vor Gericht stellen.
Adrián Vasquez Lagunes wurde am 26. September 2012 festgenommen, als er mit seinem Auto durch Tijuana im mexikanischen Bundesstaat Baja California fuhr. Er befand sich anschliessend zwölf Stunden lang in Gewahrsam der Polizei des Bundesstaates. Während dieser Zeit drohte man ihm, schlug ihn und erstickte ihn fast, als man ihm durch die Nase Wasser einflösste, das sich in seiner Lunge sammelte. NachbarInnen haben gesehen, wie Adrián Vasquez Lagunes von PolizistInnen geschlagen wurde, als sie ihn zu seinem Haus brachten, um dieses zu durchsuchen. Anschliessend führte die Polizei Adrián Vasquez Lagunes den Medien als berüchtigten Drogenschmuggler vor. Man zeigte ihn mit Drogen und Waffen, die seinen Angaben zufolge von der Polizei in seinem Auto deponiert worden waren. Die BeamtInnen, die an seiner Festnahme beteiligt waren, überstellten ihn der Staatsanwaltschaft und gaben an, sie hätten ihn wegen der Übertretung von Geschwindigkeitsbegrenzungen in einem gestohlenen Fahrzeug angehalten und dass er sich dann spontan selbst als Drogenschmuggler identifiziert habe. Kurz danach kollabierte Adrián Vasquez Lagunes und wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo wegen seiner Folterverletzungen eine lebensrettende Operation durchgeführt werden musste. Die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft hat gegen Adrián Vasquez Lagunes Anklage wegen Drogendelikten und illegalen Waffenbesitzes erhoben. Er befindet sich seitdem in Haft, und sein Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Anwältin von Adrián Vasquez Lagunes konnte beweisen, dass ihr Mandant sich bei seiner Festnahme nicht in einem gestohlenen Fahrzeug befunden hat und dass das Festnahmeprotokoll Unstimmigkeiten aufweist. Zudem erklärte sie, dass es den Behörden nicht gelungen sei, zu beweisen, dass die angeblich im Auto von Adrián Vasquez Lagunes gefundenen Waffen und Drogen tatsächlich ihrem Mandanten gehörten. Die Aussagen der NachbarInnen sind nicht berücksichtigt worden. Adrián Vasquez Lagunes hat niemals zugegeben, ein Drogenhändler zu sein. Man beschuldigt ihn darüber hinaus, ein Drogenboss zu sein, den die mexikanischen Bundesbehörden eigenen Angaben zufolge bereits 2013 in Haft genommen hatten. Neben den Angaben des Polizeibeamten, der Adrián Vasquez Lagunes gefoltert haben soll, sind die einzigen gegen ihn vorliegenden Beweise die Waffen, die man ihm untergeschoben hat, als er in Haft gefoltert wurde. Am 7. April 2015 hat die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Baja California Anklage gegen drei Angehörige der Polizei des Bundesstaates erhoben, die mutmasslich für die Folterung von Adrián Vasquez Lagunes verantwortlich waren. Obwohl Baja California bekannt für die hohe Anzahl an Anzeigen wegen Folter ist, war dies das erste Mal, dass dort Anklage gegen mutmassliche Folterer erhoben wurde.
Hintergrundinformationen
Folter ist in Mexiko weit verbreitet. Angehörige der Polizei und des Militärs wenden Folter oft im Rahmen von Einsätzen zur öffentlichen Sicherheit an, um „Geständnisse“ oder Informationen von Tatverdächtigen oder Personen zu erpressen, die sich lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort befinden. PolizeibeamtInnen setzen Folter zudem ein, um Häftlingen Angst einzuflössen und sie in der Folge davor zurückschrecken, die Misshandlungen zu melden. In einer im vergangenen Jahr von Amnesty International durchgeführten Studie haben 64 Prozent der Befragten in Mexiko angegeben, dass sie sich bei einer möglichen Inhaftierung vor Folter fürchten würden. Der Nationalen Menschenrechtskommission zufolge hat sich die Anzahl der Anzeigen wegen Folter und anderweitiger Misshandlung zwischen 2003 und 2013 versechsfacht. Zwischen 2010 und 2013 wurde mehr als 7000 Mal Anzeige wegen Folter und anderweitiger Misshandlung erstattet. Im Jahre 2014 verzeichnete die Nationale Menschenrechtskommission einen leichten Rückgang der Anzeigen. Die Arbeit der Kommission konzentriert sich dabei jedoch nur auf die Anschuldigungen gegen BundesbeamtInnen. Das Ausmass der Folter durch BeamtInnen der einzelnen Städte oder Bundesstaaten, welche die grosse Mehrzahl der PolizeibeamtInnen des Landes ausmachen, ist gänzlich unbekannt. Folter und Misshandlungen werden häufig von Ordnungskräften, höheren BeamtInnen, StaatsanwältInnen, RichterInnen und einigen Menschenrechtskommissionen stillschweigend gebilligt, toleriert oder ignoriert. Dies führt dazu, dass die meisten TäterInnen straffrei bleiben, was ein ständiges Risiko für die Bevölkerung darstellt. Seit Folter im Jahre 1991 in Mexiko unter Strafe gestellt wurde, sind nur sieben Folterer auf Bundesebene verurteilt worden. StaatsanwältInnen und RichterInnen verwenden unter Folter erzwungene Beweise, um Personen strafrechtlich zu verfolgen und zu verurteilen. Jeder kann Folteropfer werden. Am meisten gefährdet sind jedoch Männer, Frauen und Jugendliche, die gesellschaftlichen Randgruppen angehören und z. B. in armen Wohngebieten leben oder versuchen, aus Mittelamerika in die USA auszuwandern und dafür ohne Visum die gefährlichsten Wege auf sich nehmen. Den internationalen Standards entsprechende gerichtsmedizinische Untersuchungen von Personen, die gefoltert worden sein sollen, gibt es so gut wie nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft führte 2013 insgesamt 206 und 2014 insgesamt 185 Untersuchungen durch. Amnesty International überprüfte einige und stellte fest, dass die meisten Untersuchungen nicht mit den zentralen Leitlinien der Vereinten Nationen übereinstimmen. Die meisten Folteropfer werden überhaupt nicht von GerichtsmedizinerInnen untersucht. Die Personen, die untersucht werden, können keineswegs damit rechnen, dass das Gutachten letztendlich auch von den StaatsanwältInnen und RichterInnen berücksichtigt wird. Im Mai 2014 startete Amnesty International die internationale Stop Folter-Kampagne, die sich unter anderem auf Mexiko konzentriert. Weitere Informationen finden Sie auf: http://www.stopfolter.de/. Einen Kurzbericht von Amnesty International zu Folter und Misshandlungen in Mexiko finden Sie unter https://www.amnesty.de/files/140601_Stop_Folter_Laenderbriefings_lang_Mexiko_DE_FINAL.pdf. Im März 2015 hat der UN-Sonderberichterstatter über Folter eine detaillierte Bewertung der Situation in Mexiko veröffentlicht. Die mexikanische Regierung hat den Bericht heftig kritisiert und leugnet noch immer, dass Folter ein weitverbreitetes Problem in Mexiko ist. Die Regierung hat die Analyse und die Empfehlungen des UN-Sonderberichterstatters in einer kurzen Stellungnahme jedoch zumindest „begrüsst“. Amnesty International hat Adrián Vasquez Lagunes in dem Gefängnis besucht, in dem er seit September 2014 festgehalten wird. Die Organisation hat lokale Behörden und Bundesbehörden sowie nationale und internationale Medien auf seinen Fall aufmerksam gemacht. Dies könnte zu der Anklage der mutmasslichen Folterer beigetragen haben.