Verschwindenlassen einer Aktivistin
Sandara Farouq Kadouda wurde am 12. April vermutlich von Angehörigen des sudanesischen Geheimdienstes entführt. Der Verbleib der Ärztin, Aktivistin und zweifachen Mutter ist unbekannt.
Sandara Farouq Kadouda war am 12. April zu einer Veranstaltung in Omdurman unterwegs, die von der politischen Opposition in den Räumlichkeiten der National Umma Party organisiert worden war. Kurz nach 17.00 Uhr wurde ihr Wagen von einigen Männern in Zivilkleidung angehalten, die allem Anschein nach Angehörige des Geheimdienstes (National Intelligence Security Service – NISS) waren. Die Männer nahmen ihr das Handy ab, als sie gerade mit einer Freundin telefonierte. Diese hörte laute Stimmen, als Sandara Farouq Kadouda jemanden nach seinem Ausweis fragte. Kurz darauf wurde das Handy abgestellt. Der Wagen von Sandara Farouq Kadouda wurde 30 Minuten später an der Strasse gefunden, er war verlassen und die Schlüssel steckten noch.
Die Familie von Sandara Farouq Kadouda zeigte den Vorfall bei der Polizei und dem NISS an. Bisher weigern sich die Behörden jedoch, Informationen über ihren Verbleib und ihren Gesundheitszustand preiszugeben. Sandara Farouq Kadouda hat keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand oder ihrer Familie. Sie leidet an chronischer Unterzuckerung und muss daher einen speziellen Ernährungsplan einhalten und täglich Medikamente einnehmen. Allerdings ist unklar, ob sie Zugang zu der benötigten medizinischen Versorgung hat. Sie ist zudem in Gefahr, gefoltert und anderweitig misshandelt zu werden.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Am 12. April wurden noch mindestens 15 weitere politisch engagierte Personen festgenommen. Amnesty International hat zahlreiche Berichte erhalten, nach denen der Geheimdienst NISS seit Beginn des Wahlkampfs im Februar 2015 verstärkt gegen Veranstaltungen der politischen Opposition vorgeht.
Der NISS verfügt über weitreichende Festnahme- und Inhaftierungsbefugnisse unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz aus dem Jahr 2010, dessen Bestimmungen die Inhaftierung von Verdächtigen für einen Zeitraum von bis zu viereinhalb Monaten vorsehen, ohne dass eine richterliche Überprüfung stattfinden muss. Diese Befugnisse werden von dem Geheimdienst oft dazu missbraucht, Personen willkürlich festzunehmen bzw. zu inhaftieren und sie zu foltern und anderweitig zu misshandeln. Das Nationale Sicherheitsgesetz schützt NISS-BeamtInnen zudem vor der strafrechtlichen Verfolgung für im Rahmen ihrer Arbeit begangene Taten, selbst wenn es sich dabei um Menschenrechtsverletzungen handelt. Dadurch ist eine Kultur der Straflosigkeit entstanden. Die Lage wurde durch Verfassungsänderungen vom 5. Januar 2015 noch verschärft, welche dem NISS noch umfassendere politische, wirtschaftliche und soziale Befugnisse einräumten.
Sandara Farouq Kadouda setzt sich seit einigen Jahren aktiv für den Umweltschutz ein und ist Mitglied des Komitees gegen die Errichtung des Kajbar-Damms und des Dal-Damms im sudanesischen Bundesstaat asch Schamaliyya. MenschenrechtlerInnen befürchten, dass die Staudammprojekte dazu führen könnten, dass über 500 archäologische Stätten überflutet werden und Umweltschäden entstehen könnten.