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Startseite Urgent Actions 2015 04 Six men at imminent risk of execution
UA 084/15
Ägypten
Abgeschlossen am 18. Mai 2015

Unmittelbar drohende Hinrichtungen

AI-Index: MDE 12/1420/2015

Nachdem ein Gericht die Todesurteile von sechs Männern bestätigt hat, könnten diese nun jederzeit hingerichtet werden. Die Männer waren in einem unfairen Verfahren wegen der Tötung von Angehörigen der Sicherheitskräfte zum Tode verurteilt worden. Zwei weitere Männer geben an, dass man sie mit Folter dazu gezwungen habe «zu gestehen», dass sie einer bewaffneten Gruppierung angehören.

Das Oberste Militärgericht für Strafsachen hat am 24. März die Todesurteile von Mohamed Bakry Haroun, Hany Mostafa Amer, Mohamed Ali Afifi, Abdel Rahman Said Rizk, Khaled Farg Mohamed, Islam Said Ahmed und Ashraf Ali Hassnain Al Gharably bestätigt. Letzterer war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend. Die sechs Männer waren für schuldig befunden worden, zwischen dem 13. und 19. März 2014 neun SoldatInnen bei Angriffen getötet zu haben. Mindestens drei von ihnen waren jedoch zur mutmasslichen Tatzeit an geheimen Haftorten festgehalten worden. Zwei weitere Männer wurden wegen der Zugehörigkeit zu einer bewaffneten Gruppierung zu lebenslanger Haft verurteilt.

Laut Untersuchungen des ägyptischen Geheimdienstes und der Amnesty International vorliegenden Fallakte nahmen Angehörige der Sicherheitskräfte die Männer bei der Durchsuchung einer Lagerhalle am 19. März 2014 in dem Dorf Arab Sharkas nördlich von Kairo fest. Dies deckt sich jedoch nicht mit den Aussagen der Sicherheitskräfte, welche die Lagerhalle durchsucht haben. Sie geben an, alle sechs Männer getötet zu haben, die sich in der Halle befunden hatten. Die Rechtsbeistände und Familien der Männer erklärten Amnesty International, dass in der Fallakte falsche Zeit- und Ortsangaben bezüglich der Festnahmen gemacht worden seien, da sich drei der Männer bereits seit Ende 2013 im Militärgefängnis Al-Azouly in geheimer Haft befunden hatten. Die drei anderen Männer, die zum Tode verurteilt wurden, sollen bereits am 16. März 2014 festgenommen und anschliessend in geheimer Haft im Gebäude des Geheimdienstes in Kairo festgehalten worden sein.

Hintergrundinformationen

Die Sicherheitskräfte stürmten am 19. März 2014 eine Lagerhalle im Dorf Arab Sharkas im Gouvernement Qalyubia nördlich von Kairo. Sie behaupteten, die Lagerhalle gehöre der bewaffneten Gruppierung Ansar Bait Al Maqdes. Bei einem Schusswechsel wurden alle sechs bewaffneten Männer getötet, die sich in der Halle befanden. Das Innenministerium gab später bekannt, dass die Sicherheitskräfte bei einer Durchsuchung der Lagerhalle sechs Männer getötet und acht weitere festgenommen hätten. Angehörige der Sicherheitskräfte, die an der Durchsuchung beteiligt gewesen waren, gaben in einem Fernseh-Interview hingegen an, dass alle sechs Männer, die sich in der Halle befunden hatten, getötet worden seien und niemand festgenommen worden sei.
Laut den Rechtsbeiständen und Familienmitgliedern der Männer können drei der zum Tode Verurteilten gar nicht in die Angriffe im März 2014 verwickelt gewesen sein. Sie hatten sich bereits seit 2013 in geheimer Haft im Militärgefängnis Al Azouly in Ismalia, 130 Kilometer nordwestlich von Kairo, befunden. Amnesty International hat zwei Anzeigen eingesehen, welche von Familienmitgliedern wegen des Verschwindenlassens der Männer bei der Staatsanwaltschaft eingereicht wurden. Laut der Rechtsbeistände ordnete die Staatsanwaltschaft im Februar 2014 eine Untersuchung zu den Vorwürfen an.
Angehörige und Rechtsbeistände sagten Amnesty International, dass Abdel Rahman Said Rizk und Islam Said Ahmed am 16. März 2014 in einem Reisebüro in Kairo festgenommen worden seien. Khaled Farg Mohamed soll am selben Tag bei sich zuhause festgenommen worden sein. Die drei Männer werden beschuldigt, am 19. März 2014 neun Angehörige der Sicherheitskräfte, darunter zwei Militärangehörige, getötet zu haben.
Mohamed Bakry Haroun, Hany Mostafa Amer und Mohamed Ali Afifi wurden laut ihren Rechtsbeiständen und Familienmitgliedern während ihrer Zeit in der geheimen Haftanstalt des Militärs mit Folter und anderen Misshandlungen zu «Geständnissen» gezwungen. Abdel Rahman Said Rizk, Islam Said Ahmed und Khaled Farg Mohamed wurden nach ihrer Festnahme am 16. März 2014 zum Geheimdienst in Lazougli in Kairo gebracht. Dort folterte man sie, um «Geständnisse» zu erzwingen. Die sechs Männer wurden Ende März 2014 in das Al-Aqrab-Hochsicherheitsgefängnis im Gefängniskomplex Tora verlegt.
Als der Militärstaatsanwalt die Angeklagten in Haft befragte, hatten diese weder Zugang zu ihren Rechtsbeiständen noch zu ihren Familien. Khaled Farag Mohamed wurde das erste Mal im Krankenhaus verhört. Ihm waren bei seinen Folterungen die Beine gebrochen worden.
Die Familien der Männer erhielten erst im Mai bzw. Juni 2014 die Erlaubnis, ihre Angehörigen in Haft zu besuchen. Die Männer erzählten ihnen von den Folterungen, zu denen auch Elektroschocks und das Aufhängen an den Gliedmassen über viele Stunden gehörten.
Rechtsbeistände und Familienmitglieder der Angeklagten sagten Amnesty International, dass der einzige Zeuge in dem Fall ein Mitarbeiter des Geheimdienstes sei. Angehörige gaben ausserdem an, dass GeheimdienstmitarbeiterInnen weitere ZeugInnen der Verteidigung bedroht haben, um sie davon abzuhalten, auszusagen. Das Gericht reagierte nicht auf Anträge der Rechtsbeistände, ZeugInnen für die Verteidigung vorzuladen.
Rechtsbeistände und Angehörige erklärten zudem, dass das Gericht bei der Verurteilung der Männer völlig ausser Acht gelassen habe, dass die Orts- und Zeitangaben bezüglich der Festnahmen nicht der Wahrheit entsprachen und dass es die Männer auf Grundlage von durch Folter erzwungenen «Geständnissen» verurteilt habe. Das Gericht hörte lediglich die Aussage des Geheimdienstmitarbeiters an, der die Beweismittel zusammengestellt hat, und verweigerte der Verteidigung das Aufrufen von eigenen ZeugInnen.
Rechtsbeistände erklärten weiterhin, dass die beiden Männer, die zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden, nur deshalb nicht zum Tode verurteilt worden seien, weil der Geheimdienstangehörige in seiner Aussage vor Gericht erklärt habe, dass sie nicht an den Angriffen auf die Sicherheitskräfte beteiligt gewesen waren. Sie hätten jedoch «gestanden», der bewaffneten Gruppierung Ansar Bait Al Maqdes anzugehören.

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