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Startseite Urgent Actions 2015 04 Roma families at risk of forced eviction
UA 083/15
Ungarn
Abgeschlossen am 22. Mai 2015
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Unter dieser UA-Nummer, bzw unter diesem Link wurde zuvor fälschlicherweise die FI 015/15-2 zu Myanmar publiziert.

Bitte entschuldigen Sie die Verwirrung.

Hier der direkte Link zu der Myanmar-UA

Drohende Zwangsräumung von Roma-Gemeinschaft

AI-Index: EUR 27/1428/2015

In der ungarischen Stadt Miskolc droht etwa 160 Familien die rechtswidrige Zwangsräumung. Die Familien gehören zum grössten Teil der Roma-Gemeinschaft an und wohnen in dem Stadtviertel «Nummerierte Strassen». Die Behörden müssen die rechtswidrigen Zwangsräumungen verhindern.

Die Stadtverwaltung von Miskolc, Ungarns viertgrösste Stadt, plant die Zwangsräumung von allen BewohnerInnen des Viertels «Nummerierte Strassen», um so Platz für ein Fussballstadion zu machen. Mindestens zwei Familien wurden von einem von der Stadt beauftragten Gerichtsvollzieher dazu aufgefordert, ihre Häuser bis zum 13. April beziehungsweise bis zum 16. April zu räumen. Es wird davon ausgegangen, dass es nicht bei diesen beiden Familien bleiben wird. Am 1. April erklärte einer derjenigen, die bis zum 13. April ihr Zuhause verlassen sollen, einem Vertreter von Amnesty International: «Es geht bei der ganzen Sache um Fussball, Geld und Rassismus. Die hassen Roma.»

Diese Bescheide markieren die Wiederaufnahme von Zwangsräumungen, die aufgrund eines gesetzlichen Verbots über die Wintermonate ausgesetzt worden waren. Vor Beginn der Räumungen lebten etwa 900 Personen in dem überwiegend von Roma bewohnten Stadtviertel. Im Mai 2014 erhielt etwa die Hälfte aller dort lebenden Familien einen Räumungsbescheid. Bis Anfang Dezember 2014 waren bereits 30 Familien vertrieben worden. Es hatte zuvor keine angemessene Konsultation stattgefunden, und für die Betroffenen wurden keine Alternativunterkünfte bereitgestellt. Amnesty International hat das Viertel «Nummerierte Strassen» in den vergangenen neun Monaten bereits dreimal besucht und sich mit BeamtInnen der Stadt getroffen, die dort für die Durchführung der Räumungen zuständig sind. Die BewohnerInnen des Viertels geben an, dass es keine wirksame Konsultation bezüglich der Räumungen und eventuellen Alternativmassnahmen gegeben habe und ihnen keine alternativen Unterkünfte angeboten worden seien. Gemäss internationalen Menschenrechtsstandards müssen Räumungen selbst dann, wenn sie als gerechtfertigt betrachtet werden, den betreffenden Richtlinien der internationalen Menschenrechtsnormen in vollem Umfang entsprechen.

Hintergrundinformationen

Am 8. Mai 2014 entschieden sich die Behörden der Stadt Miskolc dazu, das Viertel «Nummerierte Strassen» aufzulösen und kündigten die bestehenden Mietverträge. Durch die bevorstehenden Räumungen, für die keinerlei Entschädigungsleistungen vorgesehen sind, droht dem Grossteil der BewohnerInnen nun die Obdachlosigkeit. Es hat keine umfassende Konsultation der Betroffenen stattgefunden. Amnesty International hat sich am 14. Juli 2014 schriftlich mit den Behörden von Miskolc in Verbindung gesetzt und Delegierte der Organisation haben sich im Oktober mit VertreterInnen der Stadt getroffen.
Als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und anderer Menschenrechtsverträge hat Ungarn die Pflicht, rechtswidrige Zwangsräumungen zu verbieten, zu unterlassen und zu verhindern.
Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 7 verdeutlicht, dass Räumungen nur als letztes Mittel eingesetzt werden dürfen, wenn alle anderen umsetzbaren Alternativen ausgeschöpft wurden. Weiterhin erklärt der Ausschuss, dass Räumungen selbst, wenn sie als gerechtfertigt betrachtet werden, nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn angemessene Schutzgarantien ergriffen wurden, Entschädigung für jegliche Verluste geleistet wird und Alternativunterkünfte bereitgestellt werden. Laut Völkerrecht dürfen rechtswidrige Zwangsräumungen und Abrisse von Wohnhäusern nicht als Strafmassnahme gegen Menschen eingesetzt werden, die nicht über eine Aufenthaltsgenehmigung oder einen anderen Status verfügen.
Darüber hinaus ist Ungarn gemäss internationalen Menschenrechtsabkommen dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass Räumungen nicht direkt oder indirekt zu Diskriminierung und Ungleichheit führen. Bei der Planung von Projekten oder der Erwägung von Räumungen müssen die Behörden immer überprüfen, ob eine bestimmte Gruppe in besonderem Masse von Räumungen bedroht ist. Die ungarischen Behörden haben sogar die Pflicht, Massnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Ausweitung des Kündigungsschutzes für Randgruppen, einschliesslich der Roma, zu ergreifen.
Auf der Grundlage des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte müssen die Behörden vor der Durchführung von Räumungen eine wirkliche Konsultation mit den betroffenen Personen durchführen, um alle umsetzbaren Alternativen zu diesen Räumungen zu erörtern. Allen betroffenen Gruppen und Personen, darunter Frauen, ethnische Minderheiten und Personen mit Behinderungen sowie auch die Personen, die im Namen der Betroffenen handeln, haben das Recht, alle relevanten Informationen zu erhalten, umfassend konsultiert zu werden und an dem gesamten Prozess beteiligt zu sein. Darüber hinaus haben sie das Recht, Alternativvorschläge zu machen, welche von den Behörden ordnungsgemäss geprüft werden müssen.
Die UN-Grundsätze und Prinzipien zur Räumung und Umsiedlung im Rahmen von Entwicklungsprojekten schreiben vor, dass Staaten vor der Umsetzung eines Projektes, das zu der Räumung und Umsiedlung von Personen führen könnte, eine Auswirkungsanalyse durchführen müssen. Dabei müssen Informationen zu dem betroffenen Gebiet und den betroffenen Personen, einschliesslich darüber, inwiefern die Betroffenen mit dem Gebiet verbunden sind (z.B. Einkommensquellen), zu öffentlichen Dienstleistungen etc. berücksichtigt werden.
Eine Konsultation ist nur dann sinnvoll, wenn dabei alle umsetzbaren Alternativen zu einer Räumung erörtert werden. Soll eine Räumung beispielsweise wegen Ausbleiben der Mietzahlungen durchgeführt werden, so kann im Rahmen der Konsultation möglicherweise eine längere Zahlungsfrist vereinbart werden. Sollen Personen wegen Sicherheitsmängeln an den Unterkünften geräumt werden, so könnte man möglicherweise Ausbesserungen an den betroffenen Gebäuden vornehmen, statt diese abzureissen.

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