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Startseite Urgent Actions 2015 04 Witnesses to activist’s killing put on trial Witnesses due in court, despite acquittal
FI 080/15-3
Ägypten
Abgeschlossen am 8. August 2015

Zeugen trotz Freispruch vor Gericht bestellt

AI-Index: MDE 12/1985/2015

Die bekannte Menschenrechtlerin Azza Soliman sowie 16 weitere Personen, die AugenzeugInnen der Tötung einer linksgerichteten Aktivistin durch die Polizei geworden waren, müssen am 4. Juli vor Gericht erscheinen. Bei einer Verurteilung könnten den Männern und Frauen bis zu fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Ägyptischen Pfund drohen.

Die Frauenrechtlerin Azza Soliman sowie 16 weitere Personen, die bei einem friedlichen Gedenkmarsch AugenzeugInnen einer Tötung durch die Polizei geworden waren, müssen am 4. Juli vor Gericht erscheinen. Ihnen drohen bis zu fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe bis zu 50.000 Ägyptischen Pfund (rund 5.800 Euro). Das Gericht ordnete am 13. Juni die persönliche Anwesenheit der Angeklagten bei der Anhörung am 4. Juli an.

Die 17 Angeklagten waren am 23. Mai von einem Kairoer Gericht von dem Vorwurf der «Teilnahme an illegalen Protesten» und der «Störung der öffentlichen Ordnung» auf Grundlage des repressiven Demonstrationsgesetzes freigesprochen worden. Drei Tage später legte die ägyptische Staatsanwaltschaft ein Rechtsmittel ein. Die Anhörung am 13. Juni war die erste im Rechtsmittelverfahren. Sie fand vor dem Berufungsgericht Zainhom in Anwesenheit von zwei ProzessbeobachterInnen der Delegation der Europäischen Union in Kairo statt.

Laut dem von Azza Soliman gegründeten Rechtshilfezentrum für ägyptische Frauen Center for Egyptian Women’s Legal Assistance bemerkte das Gericht, dass die Angeklagten bei dieser Anhörung nicht wie vom ägyptischen Prozessrecht vorgesehen vor Gericht erschienen waren. Die Rechtsbeistände der Verteidigung führten an, dass ihre MandantInnen das Recht hätten, von Rechtsbeiständen vertreten zu werden. Sie haben ihre MandantInnen instruiert, dass nicht alle von ihnen am 4. Juli erscheinen müssen.

Der Polizeibeamte Yassin Hatem Salahedeen wurde am 11. Juni wegen der Tötung der linksgerichteten Aktivistin und Dichterin Shaimaa Al-Sabbagh zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Hintergrundinformationen

Die linksgerichtete Aktivistin und Dichterin Shaimaa Al-Sabbagh wurde am 24. Januar während eines friedlichen Gedenkmarsches im Zentrum Kairos, der von äqyptischen Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst wurde, erschossen. Videoaufzeichnungen und Fotografien, die von JournalistInnen und AktivistInnen aufgenommen wurden, lösten nicht nur in Ägypten, sondern auch international Empörung aus.
Shaimaa Al-Sabbagh hatte an einem Gedenkmarsch, der in Richtung Tahrir-Platz verlief, teilgenommen. Der Marsch wurde von der Sozialistischen Volksallianz (Socialist Popular Alliance Party – SPAP) organisiert. Die kleine Gruppe aus ungefähr 30 Demonstrierenden trug Banner, auf denen der Parteiname zu lesen war, sowie Blumen, um den Hunderten Menschen zu gedenken, die während der Revolution im Jahr 2011 umgekommen waren. Sie nutzten bei ihrem Marsch den Bürgersteig, um den Verkehr nicht zu blockieren. Auf der Grundlage des repressiven ägyptischen Demonstrationsrechts stellt die Teilnahme an einer Demonstration ohne vorherige Genehmigung eine Straftat dar. Die TeilnehmerInnen des Protestmarschs machen jedoch geltend, dass sie nicht demonstrierten, sondern lediglich einen Marsch abhielten, um der Toten zu gedenken.
Laut einem Augenzeugenbericht gegenüber Amnesty International bewachten die Sicherheitskräfte den Zugang zum Tahrir-Platz und stoppten den Marsch in der Nähe der Talaat-Harb-Strasse, bevor sie die Demonstrierenden mit Tränengas und Gewehren angriffen.
Der Sprecher der forensischen Behörde in Ägypten gab an, dass Shaimaa Al-Sabbagh durch Schussverletzungen im Rücken- und Hinterkopfbereich getötet wurde. Die Schüsse wurden aus acht Metern Entfernung abgefeuert. Obwohl die Behörden ursprünglich abstritten, dass die Sicherheitskräfte für ihren Tod verantwortlich seien, hat die Staatanwaltschaft einen Angehörigen der Sicherheitskräfte wegen «Schlägen, Verletzungen und dem Verabreichen von Substanzen, die zum Tode führen» im Fall Shaimaa Al-Sabbagh angeklagt. Der Angehörige der Sicherheitskräfte hat mittlerweile eine 15-jährige Gefängnisstrafe angetreten.
Azza Soliman ist die Gründerin der NGO Center for Egyptian Women’s Legal Assistance. Sie hatte laut ihrer Zeugenaussage nicht an dem Gedenkmarsch für die Opfer der «Revolution des 25. Januar» teilgenommen, der von der Sozialistischen Volksallianz (Socialist Popular Alliance Party – SPAP) organisiert worden war. Sie sass gerade mit ihrer Familie und FreundInnen in einem Café, als sie die Demonstrierenden hörte und nach draussen ging, um zuzusehen. Dabei beobachtete sie, wie Sicherheitskräfte die Kundgebung mit Tränengas und Schusswaffen aufzulösen versuchten. Sie sah eine Frau am Boden liegen und erfuhr später, dass es sich um Shaimaa Al-Sabbagh handelte. Zwei weitere Angeklagte waren ebenso wenig an der Demonstration beteiligt. Bei einem von ihnen handelt es sich um einen Arzt, der Shaimaa Al-Sabbagh erste Hilfe leistete, nachdem sie angeschossen wurde. Der zweite war lediglich ein Passant, der Shaimaa Al-Sabbagh in ein nahegelegenes Café trug. Beide Personen wurden vor Ort festgenommen. Die übrigen 14 Angeklagten hatten alle an der friedlichen Kundgebung teilgenommen. Einige von ihnen wurden an Ort und Stelle festgenommen, andere folgten einer Vorladung der Staatsanwaltschaft. Ein Mann wurde sogar beschuldigt, Shaimaa Al-Sabbagh getötet zu haben, als er sich als Zeuge meldete. Da keine Beweise gegen ihn vorlagen, wurde er später wegen unerlaubten Demonstrierens und Störung der öffentlichen Ordnung angeklagt.

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