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Startseite Urgent Actions 2015 04 Witnesses to activist’s killing put on trial Trial of witnesses to killing continues
FI 080/15-1
Ägypten
Abgeschlossen am 29. Mai 2015

Gerichtsverfahren gegen ZeugInnen fortgesetzt

AI-Index: MDE 12/1712/2015

Die Menschenrechtsverteidigerin Azza Soliman und 16 weitere Personen, die AugenzeugInnen der Tötung einer friedlichen Demonstrationsteilnehmerin waren, sollen am 23. Mai zur zweiten Anhörung im gegen sie eingeleiteten Verfahren vor Gericht erscheinen. Den Männern und Frauen wird die Teilnahme an illegalen Protesten zur Last gelegt. Ihnen drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Laut Angaben der NGO Center for Egyptian Women’s Legal Assistance hat der Rechtsbeistand der Menschenrechtlerin Azza Soliman beantragt, dass sie als Zeugin und nicht als Angeklagte behandelt wird. Zudem hat ihr Rechtsbeistand einen Antrag gestellt, die Aussage einer dänischen Zeugin vom Justizministerium übersetzen zu lassen und als Beweis zuzulassen. Die Dänin war gemeinsam mit Azza Soliman in einem Café, als draussen die 32-jährige Shaimaa Al-Sabbagh erschossen wurde, nachdem die Sicherheitskräfte eine friedliche Demonstration unter dem Einsatz von Gewalt aufgelöst hatten. Das Kairoer Abdeen-Gericht für Ordnungswidrigkeiten soll die Entscheidung über die Anträge der Rechtsbeistände der 17 Angeklagten, deren Verfahren am 9. Mai begonnen hat, am 23. Mai bekannt geben. Allen 17 Personen wird „unerlaubtes Demonstrieren“ vorgeworfen, was unter dem repressiven ägyptischen Demonstrationsgesetz eine Straftat darstellt. Ausserdem stehen sie wegen „Störens der öffentlichen Ordnung“ vor Gericht.

Die Rechtsbeistände der übrigen 16 Angeklagten haben drei Forderungen erhoben: Das Gericht muss anerkennen, dass die Verfassungsmässigkeit des Demonstrationsgesetzes gegenwärtig vom Verfassungsgericht geprüft wird; das Gericht muss zudem sicherstellen, dass die Anklagen gegen diejenigen, denen die Tötung von Shaimaa Al-Sabbagh zur Last gelegt wird, und die Aussagen der ZeugInnen in einem gemeinsamen Verfahren gehört werden, und nicht in zwei getrennten Verfahren, wie derzeit; das Foto- und Videobeweismaterial, das im Verfahren verwendet wird, darf sich nicht nur auf die Tötung von Shaimaa Al-Sabbagh konzentrieren, sondern muss auch Aufnahmen der Proteste zeigen, um zu klären, ob die Demonstration friedlich war.

Insgesamt haben sich nach der tödlichen Verletzung der 32-jährige Shaimaa Al-Sabbagh 17 Personen als AugenzeugInnen gemeldet. Am 24. Januar wurde in Kairo eine friedliche Demonstration abgehalten, um der Menschen zu gedenken, die während der „Revolution des 25. Januar“ im Jahr 2011 ums Leben kamen. Dabei wurde die 32-jährige Shaimaa Al-Sabbagh erschossen. Sechs dieser AugenzeugInnen wurden noch am selben Tag festgenommen. Allen 17 Personen stehen nun unter Anklage, wobei es sich offenbar um einen Versuch der Behörden handelt, zu verhindern, dass Sicherheitskräfte zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn die Angeklagten für schuldig befunden werden, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft.

Hintergrundinformationen

Die 32-jährige Shaimaa Al-Sabbagh wurde am 24. Januar während einer friedlichen Demonstration in Kairo, die von äqyptischen Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst wurde, erschossen. Videoaufzeichnungen und Fotografien, die von JournalistInnen und AktivistInnen aufgenommen wurden, lösten nicht nur in Ägypten, sondern auch international Empörung aus. Shaimaa Al-Sabbagh hatte an dem Gedenkmarsch der in Richtung Tahrir-Platz verlief, teilgenommen. Der Marsch wurde von der Sozialistischen Volksallianz (Socialist Popular Alliance Party – SPAP) organisiert. Die kleine Gruppe aus ungefähr 30 Demonstrierenden trug Banner, auf denen der Parteiname zu lesen war sowie Blumen, um den Hunderten Menschen, die während der Revolution im Jahr 2011 umgekommen waren, zu gedenken. Sie nutzten bei ihrem Marsch den Bürgersteig, um den Verkehr nicht zu blockieren. Auf der Grundlage des repressiven ägyptischen Demonstrationsrechts stellt die Teilnahme an einer Demonstration ohne vorherige Genehmigung eine Straftat dar. Die TeilnehmerInnen des Protestmarschs machen jedoch geltend, dass sie nicht demonstrierten, sondern lediglich einen Marsch abhielten, um der Toten zu gedenken. Laut einem Augenzeugenbericht gegenüber Amnesty International bewachten die Sicherheitskräfte den Eingang zum Tahrir-Platz und stoppten den Marsch in der Nähe der Talaat-Harb-Strasse, bevor sie die Demonstrierenden mit Tränengas und Gewehren angriffen. Der Sprecher der forensischen Behörde in Ägypten gab an, dass Shaimaa Al-Sabbagh durch Schussverletzungen im Rücken- und Hinterkopfbereich getötet wurde. Die Schüsse wurden aus acht Metern Entfernung abgefeuert. Obwohl die Behörden ursprünglich abstritten, dass die Sicherheitskräfte für ihren Tod verantwortlich seien, hat die Staatanwaltschaft einen Angehörigen der Sicherheitskräfte wegen „Schlägen, Verletzungen und dem Verabreichen von Substanzen, die zum Tode führen“ im Fall Shaimaa al-Sabbagh angeklagt. Der Angehörige der Sicherheitskräfte befindet sich nach Angaben eines Rechtsbeistands der 16 Angeklagten ebenfalls in Untersuchungshaft. Azza Soliman ist die Gründerin der NGO Center for Egyptian Women’s Legal Assistance. Sie hatte laut ihrer Zeugenaussage nicht an dem Gedenkmarsch für die Opfer der „Revolution des 25. Januar“ teilgenommen, der von der Sozialistischen Volksallianz (Socialist Popular Alliance Party – SPAP) organisiert worden war. Sie sass gerade mit ihrer Familie und FreundInnen in einem Café, als sie die Demonstrierenden hörte und nach draussen ging, um zuzusehen. Dabei beobachtete sie, wie Sicherheitskräfte die Kundgebung mit Tränengas und Schusswaffen aufzulösen versuchten. Sie sah eine Frau am Boden liegen und erfuhr später, dass es sich um Shaimaa al-Sabbagh handelte. Zwei weitere Angeklagte waren ebenso wenig an der Demonstration beteiligt. Bei einem von ihnen handelt es sich um einen Arzt, der Shaimaa al-Sabbagh erste Hilfe leistete, nachdem sie angeschossen wurde. Der zweite war lediglich ein Passant, der Shaimaa al-Sabbagh in ein nahegelegenes Café trug. Beide Personen wurden vor Ort festgenommen. Die übrigen 14 Angeklagten hatten alle an der friedlichen Kundgebung teilgenommen. Einige von ihnen wurden an Ort und Stelle festgenommen, andere folgten einer Vorladung der Staatsanwaltschaft. Ein Mann wurde sogar beschuldigt, Shaimaa al-Sabbagh getötet zu haben, als er sich als Zeuge meldete. Da keine Beweise gegen ihn vorlagen, wurde er später wegen unerlaubten Demonstrierens und Störung der öffentlichen Ordnung angeklagt.

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