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Amnesty Urgent Actions
Startseite Urgent Actions 2015 04 Execution set, mental disability and race issues
UA 079/15
USA (Missouri)
Abgeschlossen am 14. April 2015

Drohende Hinrichtung am 14. April

AI-Index: AMR 51/1400/2015

Der 53-jährige Afroamerikaner Andre Cole soll am 14. April im US-Bundesstaat Missouri hingerichtet werden. Er war 2001 in einem Gerichtsverfahren, dessen Jury ausschliesslich aus Weissen bestand, zum Tode verurteilt worden. Laut seinen Rechtsbeiständen hat sich seine geistige Gesundheit in den vergangenen Jahren stetig verschlechtert.

Am 21. August 1998 wurde Andre Curtis im Haus der Exfrau von Andre Cole erstochen. Andre Cole und seine Frau hatten sich 1995 scheiden lassen. Die Exfrau von Andre Cole wurde bei diesem Vorfall ebenfalls verletzt, jedoch nicht tödlich. Andre Cole wurde 2001 vor Gericht gestellt und für den Mord an Andre Curtis zum Tode verurteilt. Ausserdem erhielt er drei lebenslange Haftstrafen wegen Körperverletzung.

Die zwölf Geschworenen aus dem St. Louis County im Bundesstaat Missouri waren alle weiss. Die Staatsanwaltschaft hatte sich bei der Auswahl der Geschworenen gegen drei AfroamerikanerInnen ausgesprochen. Als der Staatsanwalt aufgefordert wurde, in einem der drei Fälle für seine Ablehnung eine Begründung «ohne Rückgriff auf Rassenmerkmale» abzugeben, führte er die Tatsache an, dass die betreffende Person geschieden war und daher möglicherweise mit dem Angeklagten mitfühlen könnte. Der Staatsanwalt ging von der Theorie aus, dass zwischen Andre Cole und seiner Frau ein «sehr feindseliges» Verhältnis geherrscht habe, fragte den zurückgewiesenen Geschworenenkandidaten jedoch nicht nach den Umständen seiner eigenen Scheidung. Der abgelehnte Kandidat sagte später, dass er zum Zeitpunkt des Gerichtsverfahrens bereits seit zehn Jahren geschieden gewesen sei und es bei seiner Scheidung keinerlei böses Blut gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Staatsanwalt keine Einwände gegen einen weissen Geschworenen hatte, der ebenfalls geschieden war und zum Zeitpunkt des Prozesses Unterhaltszahlungen für sein Kind leistete, obwohl die Staatsanwaltschaft davon ausging, dass Andre Cole zum Tatzeitpunkt in das Haus seiner Exfrau eingedrungen war, weil er wütend über die von ihm zu leistenden Unterhaltszahlungen gewesen sei. Eine schwarze Frau, die als Ersatzgeschworene bestimmt worden war, falls ein Jurymitglied während des Prozesses ausfallen sollte, beschrieb zu einem späteren Zeitpunkt in einer eidesstattlichen Erklärung, dass die zwölf weissen Geschworenen in ihrer Anwesenheit rassistische Bemerkungen über Andre Cole machten. Sie bezeichnete diese Kommentare als «eindeutig rassistisch voreingenommen».

Laut den Rechtsbeiständen von Andre Cole litt er in den vergangenen Jahren eigenen Angaben zufolge an auditorischen Halluzinationen. Offenbar hört er Stimmen über die interne Sprechanlage, das Telefon und den Fernsehapparat. Ein Psychiater stellte bei Andre Cole «ausgeprägte Psychosesymptome» und «schwere Wahnvorstellungen» fest, aufgrund derer es Andre Cole nicht möglich sei, die Gründe für das Strafmass und die Umstände seiner Bestrafung zu begreifen.

Die Mutter von Andre Curtis hat sich gegen die Hinrichtung von Andre Cole ausgesprochen. Für die Exfrau und Kinder von Andre Cole wäre seine Hinrichtung nach eigenen Angaben «ein schwerer Schlag». Einer seiner Söhne sagte: «Obwohl ich noch wütend darüber bin, dass mein Vater meine Mutter angegriffen hat, und ich ihm nur schwer verzeihen kann, möchte ich nicht, dass er hingerichtet wird. Die Hinrichtung meines Vaters wäre ein schwerer Schlag für meine Mutter, meine Tante, meinen Onkel, meinen Bruder und den Rest der Familie.»

Seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen in den USA im Jahr 1977 sind 1.404 Personen hingerichtet worden, 82 davon im Bundesstaat Missouri. Bisher sind im Jahr 2015 landesweit zehn Todesurteile vollstreckt worden, davon zwei in Missouri.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN (AUF ENGLISCH)

In 2013 President Barack Obama acknowledged the “history of racial disparities in the application of our criminal laws”, including on the death penalty, and US Attorney General Eric Holder pointed to the need to “confront the reality” that “people of colour often face harsher punishments than their peers.” On 29 August 2014, the UN Committee on the Elimination of Racial Discrimination again called on the US authorities to “take concrete and effective steps to eliminate racial disparities at all stages of the criminal justice system” and called for a moratorium on executions with a view to abolition. Study after study has shown that race plays a part in who is sentenced to death. In 2012, the American Bar Association issued its findings on Missouri, noting research indicating that racial factors influence prosecutorial and juror decision-making in capital cases in the state.
In 2008, Professor David Sloss at the St Louis University School of Law found that prosecutors in St Louis County in Missouri pursued the death penalty in more than seven per cent of intentional homicide cases, a rate more than 14 times higher than their counterparts in Jackson County (Kansas City), for example. Eleven of the 33 men currently on Missouri’s death row were sent there from St Louis County. Seven of the 11, including Andre Cole, are African American. Less than a quarter of the St Louis population is black, but black people comprise nearly two thirds of the current inmates on death row convicted in that jurisdiction. Andre Cole’s clemency lawyers have pointed out to Governor Jay Nixon that this is greater than the racial disparities found by the US Department of Justice in its recent investigation into the Ferguson Police Department in Missouri, in which it identified a pattern or practice of racial bias. Ferguson is in St Louis County.
Under the 1986 US Supreme Court decision Batson v Kentucky, prospective jurors can only be removed for “race neutral” reasons. If the defence makes a prima facie case of discrimination by the prosecution, the burden shifts to the state to provide race neutral explanations. The Batson ruling did not end discriminatory tactics by prosecutors during jury selection, as one of the Justices predicted at the time. The latter Justice said in another opinion in 1989 that “Batson’s greatest flaw is its implicit assumption that courts are capable of detecting race-based challenges to Afro-American jurors… This flaw has rendered Batson ineffective against all but the most obvious examples of racial prejudice”.
Troubling jury selection tactics have occurred in St Louis County cases other than Andre Cole’s, over a prolonged period. For example, the death sentenced passed by an all-white jury in 1992 on Herbert Smulls, a black man, was carried out in 2014. The prosecutor had dismissed the only remaining black prospective juror on the grounds that she worked as a mail sorter and that such workers were “very disgruntled, unhappy people” who occupy “the bottom of the employment ladder”. Marcellus Williams, another black defendant, was tried in 2001 by a jury consisting of 11 white jurors and one African American, after the prosecutor dismissed six of the seven African Americans from the jury pool. Kimber Edwards, also black, was sentenced to death by an all-white jury in 2002 after the prosecutor removed all three black prospective jurors. During oral arguments in another case in 2007, the Missouri Supreme Court pointed to the “fairly repetitive problem” of all-white juries occurring at a rate that was “not mathematically possible” given the “substantial African American population” in the county’s population.

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