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Startseite Urgent Actions 2015 03 Man facing execution was convicted at age 14
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Pakistan
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16.4.2015: NEWS

 

Shafqat Hussain's stay of execution is due to expire on 17 April. His lawyers haven't heard anything from the government regarding a new stay of execution or execution date. The government is likely to make an announcement on 17 April.

The trial court cannot issue a «black warrant» (execution warrant) before the stay expires. In any case, the trial court has to ensure a minimum of seven days between issuing a «black warrant» and the actual execution date.
A government enquiry into the age of Shafqat Hussain has been ongoing but his lawyers haven't heard from the government about their investigation. They expect the government to release the findings when the stay has expired.
When the stay expires on 17 April, the Pakistan team will review the situation and will issue an update accordingly.

 

Drohende Hinrichtung stoppen

AI-Index: ASA 33/1192/2015

Die pakistanische Regierung hat das Hinrichtungsmoratorium vollständig aufgehoben. Tausenden zum Tode verurteilten Häftlingen droht nun die Hinrichtung. Unter ihnen befindet sich auch Shafqat Hussain, der minderjährig war, als das Todesurteil gegen ihn verhängt wurde. Er soll bereits am 19. März hingerichtet werden.

Shafqat Hussain befindet sich im Todestrakt des Zentralgefängnisses von Karatschi. Am 12. März ist sein Hinrichtungsbefehl ausgestellt worden. Er soll bereits am 19. März hingerichtet werden. Shafqat Hussain war erst 14 Jahre alt, als man ihn vor Gericht stellte und auf Grundlage eines „Geständnisses“ schuldig sprach, das er laut seinen derzeitigen Rechtsbeiständen abgegeben hatte, nachdem PolizeibeamtInnen ihn neun Tage lang gefoltert hatten. Er wurde anschliessend von einem Antiterrorgericht in der Provinz Sindh gemäss den Antiterrorgesetzen von 2004 wegen Entführung und fahrlässiger Tötung zum Tode verurteilt.

Seine Rechtsbeistände geben an, dass Shafqat Hussain damals kein faires Verfahren erhalten habe. Der vom Staat bestellte Pflichtverteidiger habe weder entlastende Beweismittel vorgelegt noch ZeugInnen benannt. Zudem machte er vor Gericht nie geltend, dass Shafqat Hussain zur Zeit der ihm vorgeworfenen Tat noch minderjährig war.

Mit der Hinrichtung von Shafqat Hussain würde Pakistan sowohl gegen nationale Gesetze als auch gegen völkerrechtliche Verpflichtungen verstossen. Gemäss der im Jahre 2000 in Pakistan verabschiedeten Verordnung zum Jugendstrafsystem dürfen minderjährige StraftäterInnen nicht zum Tode verurteilt werden. Darüber hinaus ist Pakistan Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie der Kinderrechtskonvention. Beide Abkommen verbieten die Verhängung der Todesstrafe für Straftaten, die von Personen unter 18 Jahren begangen worden sind.

Im Januar 2015 gewährte Chaudhry Nisar Ali Khan, der Innenminister Pakistans, Shafqat Hussain einen Hinrichtungsaufschub, nachdem er erfahren hatte, dass dieser zur Tatzeit noch minderjährig war. Der Minister kündigte an, dass es eine Untersuchung zum Alter von Shafqat Hussain geben würde. Eine solche Untersuchung ist bisher weder von den Behörden der Provinz Sindh noch von der pakistanischen Regierung eingeleitet worden. Auch eine medizinische Untersuchung zur Bestimmung des Alters wurde noch nicht durchgeführt.

Hintergrundinformationen

Nach einem Attentat auf eine Schule der pakistanischen Armee in Peschawar am 16. Dezember 2014, hatte Premierminister Nawaz Sharif das seit sechs Jahren geltende Moratorium für die Vollstreckung von Todesurteilen aufgehoben und erklärt, dass im Zusammenhang mit Terroranschlägen wieder Todesurteile verhängt und vollstreckt würden. Am 11. März 2015 gab die pakistanische Regierung dann bekannt, dass das Hinrichtungsmoratorium nun für alle Kapitalverbrechen aufgehoben sei und drohte damit, bis zu 1000 Häftlinge hängen zu lassen, bei denen alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft und deren Gnadengesuche abgelehnt worden waren. Seit der Aufhebung des Moratoriums sind bereits 27 Menschen hingerichtet worden. Tausende Gefangene befinden sich in Pakistan im Todestrakt. Die Todesstrafe kann in Pakistan für mindestens 28 Straftaten verhängt werden, darunter auch Straftaten ohne tödlichen Ausgang. Diese können jedoch nicht den „schwersten Verbrechen“ zugeordnet werden, wie sie in Artikel 6 (2) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) dargelegt sind. Pakistan in Vertragsstatt des IPbpR. Amnesty International verurteilt den Angriff auf die Schule in Peschawar durch die pakistanische Taliban aufs Schärfste. Bei dem Anschlag waren 149 Menschen getötet worden, darunter 132 Kinder. Amnesty International fordert eine umfassende Untersuchung von Anschlägen und Angriffen auf Zivilpersonen, darunter auch der Anschlag in Peschawar. Zudem fordert die Organisation, dass die mutmasslichen TäterInnen unter Ausschluss der Todesstrafe in Verfahren vor Gericht gestellt werden, die den internationalen Standards für faire Verfahren entsprechen. Seit dem Anschlag hat Pakistan seine Verfassung dahingehend angepasst, dass Gerichtsverfahren wegen terroristischer Straftaten nun schneller verhandelt werden können. Ausserdem werden diese Verfahren nun der Militärgerichtsbarkeit überstellt. Die Zuständigkeit von Militärgerichten ist sehr besorgniserregend, da vermutet wird, dass den Angeklagten Rechte vorenthalten werden könnten, um so eine schnellere Verurteilung zu ermöglichen. Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode. Die Todesstrafe verletzt das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben und stellt die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen dar. Darüber hinaus liegen keine eindeutigen Beweise dafür vor, dass die Todesstrafe Verbrechen wirksamer verhindert als andere Arten der Bestrafung. Die umfangreichste, von der UN im Jahr 1988 durchgeführte und 2008 zuletzt aktualisierte Studie, stellt fest, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass Hinrichtungen eine abschreckendere Wirkung haben als lebenslange Haftstrafen. Amnesty International besorgt insbesondere, dass viele Todesurteile in Pakistan in Prozessen verhängt werden, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren nicht entsprechen. Diese Verfahren sind gekennzeichnet durch den fehlenden Zugang zu Rechtsbeiständen und das Zulassen von Beweisen, die nach dem Völkerrecht nicht vor Gericht verwendet werden dürfen. So werden Aussagen, die durch Folter erzwungen wurden, als Beweismittel vor Gericht zugelassen. Angeklagte haben oft nur eingeschränkten Zugang zu einem Rechtsbeistand oder ihnen werden vom Staat Rechtsbeistände gestellt, die häufig schlecht ausgebildet und unterbezahlt sind. Es kommt vor, dass die vom Staat gestellten Rechtsbeistände ihre MandantInnen nicht mit ganzem Einsatz vertreten, es sei denn, sie erhalten weitere Bezahlungen von der Familie des/der Angeklagten. Hinzu kommt, dass das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren in Verhandlungen vor vorinstanzlichen Gerichten missachtet wird und dort nach wie vor Todesurteile verhängt werden. Die Verhandlungen dieser Gerichte sind nur eingeschränkt öffentlich zugänglich und die Gerichtsverfahren müssen in der Regel innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen abgeschlossen werden, wodurch die RichterInnen unter grossen Druck geraten, Angeklagte zu verurteilen. Der UN-Sonderberichterstatter über aussergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen bemerkte 2012, dass Militär- und andere Sondergerichte nicht befugt sein sollten, Todesurteile zu verhängen.

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