Weitere Morddrohungen
Paramilitärs haben erneut zahlreiche LandrechtsaktivistInnen, GemeindesprecherInnen, MenschenrechtsverteidigerInnen, GewerkschafterInnen, JournalistInnen und BeamtInnen mit dem Tod bedroht. Die bedrohten Personen befassen sich in den Departamentos Atlántico und Magdalena im Norden Kolumbiens mit Landrückgabeangelegenheiten.
Am 21. Januar wurde in verschiedenen Vierteln in Santa Marta und in anderen Städten wie Cartagena und Bogotá eine Morddrohung in Umlauf gebracht, die von der paramilitärischen Gruppierung Autodefensas Gaitanistas de Colombia in den Departamentos Atlántico und Magdalena unterzeichnet worden war. In dem Schreiben werden mehrere Personen genannt, die an Landrückgabeverfahren beteiligt sind, darunter BeamtInnen, JournalistInnen, MenschenrechtsverteidigerInnen, GemeindevertreterInnen und GewerkschafterInnen. Unter anderem werden die Namen von mehreren GemeindevertreterInnen und deren Forderung nach Rückgabe eines Grundstücks genannt. Einige Menschenrechtsorganisationen wie das Komitee der Solidarität mit politischen Gefangenen (Comité de Solidaridad con los Presos Políticos, CSPP) und die Corporación Jurídica Yira Castro werden in der Morddrohung ebenfalls erwähnt. Die in der Drohung genannten Personen werden zudem alle als Guerillas bezeichnet.
Kolumbianische Menschenrechtsorganisationen geben an, dass seit November 2014 immer wieder Drohungen gegen sie selbst, gegen LandrechtsaktivistInnen und gegen BeamtInnen in den Departamentos Magdalena und Atlántico ergehen. Bei den Ermittlungen zu diesen Drohungen sind keine Fortschritte zu erkennen. Die Drohungen erfolgen in einer Zeit, in der in den beiden Departamentos komplexe Fälle in einem Landrückgabeverfahren bearbeitet werden. Zu diesen Fällen gehört auch die Forderung nach der Rückgabe von Grundstücken, die von multinationalen Unternehmen und Grossgrundbesitzern genutzt werden, die mutmasslich Verbindungen zu paramilitärischen Gruppierungen haben. Bereits am 11. Januar und 18. Dezember 2014 hatten Paramilitärs zahlreiche AktivistInnen im Zusammenhang mit Landrückgabeangelegenheiten mit dem Tod bedroht.
Hintergrundinformationen
Indigene, afro-kolumbianische und kleinbäuerliche Gemeinschaften sowie MenschenrechtsverteidigerInnen sind nach wie vor diejenigen, die am stärksten unter dem anhaltenden bewaffneten Konflikt im Land zu leiden haben. Alle Konfliktparteien - zum einen die kolumbianischen Streitkräfte, die entweder allein oder im Einvernehmen mit den Paramilitärs agieren, zum anderen die verschiedenen Guerillagruppen - begehen Menschenrechtsverstösse und Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht. Hierzu zählen Tötungen sowie Verschwindenlassen und Verschleppung, Folter, Vertreibung und Sexualstraftaten.
Sicherheitskräfte und Paramilitärs bezeichnen Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften häufig als KollaborateurInnen oder UnterstützerInnen von Guerillagruppen. In der Folge werden diese oftmals bedroht, entführt oder getötet. Zahlreiche MenschenrechtsverteidigerInnen sind bereits als SympathisantInnen der Guerilla bezeichnet und dann getötet worden. Auch Guerillagruppen bedrohen und töten immer wieder MenschenrechtsverteidigerInnen.
VertreterInnen vertriebener Gemeinden und Menschen, die sich für die Rückgabe vereinnahmter Grundstücke einsetzen, werden immer wieder bedroht oder getötet, vor allem seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Landrückgabe und Entschädigung von Opfern, das im Juni 2011 erlassen wurde und Anfang 2012 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz erkennt den bewaffneten Konflikt im Land sowie die Rechte der Opfer dieses Konfliktes an. Es sieht Entschädigungszahlungen für viele Überlebende von Menschenrechtsverstössen vor, worunter auch Verstösse fallen, die in staatlichem Auftrag handelnde Akteure begangen haben. Zum anderen sollen einige der Vertriebenen ihr Land zurückerhalten. Viele Betroffene des Konflikts werden jedoch von Entschädigungsforderungen ausgenommen, und weite Teile des gestohlenen Landes werden möglicherweise nicht an die rechtmässigen EigentümerInnen zurückgegeben.
Zahlreiche der GemeindevertreterInnen, die in der Morddrohung genannt werden, gehören kleinbäuerlichen Gemeinschaften an, welche die Rückgabe ihres Landes fordern und deren Fälle derzeit vor Gericht verhandelt werden. Weitere Informationen zu dem Landrückgabeverfahren und den damit einhergehenden Probleme finden Sie in dem englischsprachigen Bericht A land title is not enough: Ensuring sustainable land restitution in Colombia unter http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR23/031/2014/en.