Drohende Haftstrafe wegen Twitternachrichten
Der ehemalige kuwaitische Oppositionspolitiker Saleh al-Mulla wurde am 6. Januar festgenommen, weil er in Twitternachrichten den Emir von Kuwait und den ägyptischen Präsidenten beleidigt haben soll. Tags darauf ordnete die Staatsanwaltschaft zehn Tage Untersuchungshaft an. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.
Saleh al-Mulla gehörte 2008/2009 der Opposition im kuwaitischen Parlament an. Am 31. Dezember 2014 und 1. Januar 2015 kritisierte er auf Twitter den Staatsbesuch des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Unter anderem forderte Saleh al-Mulla den Emir auf, keine weiteren kuwaitischen Steuergelder für die ägyptische Regierung aufzuwenden. Daraufhin musste Saleh al-Mulla am 6. Januar bei der Staatsanwaltschaft vorstellig werden und wurde dort in Anwesenheit seiner Rechtsbeistände vernommen. Ihm drohen Anklagen wegen «Beleidigung des Emirs», «Infragestellen der Autorität des Emirs» und «Vornahme einer feindseligen Handlung gegen einen Bruderstaat durch Beleidigung dessen Präsidenten, was zu einem Abbruch der Beziehungen zwischen den beiden Ländern führen könnte».
Die Staatsanwaltschaft entschied, Saleh al-Mulla zu Vernehmungszwecken bis zum nächsten Tag festzuhalten und ordnete am 7. Januar zehn Tage Untersuchungshaft an. Nach Ansicht von Amnesty International beinhalten die Twitternachrichten von Saleh al-Mulla nichts weiter als seine persönliche Meinung. Die Organisation betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen.
Saleh al-Mulla befindet sich derzeit im Zentralgefängnis von Kuwait in Gewahrsam.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Paragraf 25 des kuwaitischen Strafgesetzbuches sieht bis zu fünf Jahre Haft für Personen vor, die öffentlich Kritik an den Rechten und der Autorität des Emirs üben.
Kuwait ist Vertragsstaat verschiedener internationaler Menschenrechtsabkommen wie z. B. des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) und des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR). Das Land ist daher verpflichtet, die in diesen Abkommen garantierten Rechte zu wahren. Hierzu zählen das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Artikel 18 des IPbpR sowie das Recht auf freie Meinungsäusserung, das in Artikel 19 des IPbpR ausgeführt wird: «[D]ieses Recht schliesst die Freiheit ein, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.» Auch die Rechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind in Artikel 21 und 22 des IPbpR festgeschrieben.
Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen, der die Umsetzung des IPbpR beaufsichtigt, stellte fest, dass allein die Tatsache, dass eine Aussage als beleidigend gegenüber einer Person des öffentlichen Lebens aufgefasst wird, nicht das Verhängen einer Strafe rechtfertigt. Personen des öffentlichen Lebens, auch Staatsoberhäupter, müssten darüber hinaus mit legitimer Kritik und politischer Opposition rechnen.
Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen sagte 2008 in einer Stellungnahme, dass «die Anwendung des Strafrechts in Fällen mutmasslicher Beleidigung von Regierungsangestellten besonders deshalb unangemessen ist, weil solche Personen bereit sein sollten, ein höheres Mass an Kritik hinzunehmen als Privatleute». Nach Meinung von UN-MenschenrechtsexpertInnen ist die mutmassliche Beleidigung von Personen des öffentlichen Lebens, z. B. PolitikerInnen, nicht unter Strafe zu stellen, da Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, «ein höheres Mass an Kritik als ‚NormalbürgerInnen' hinzunehmen bereit sein sollten». Sie weisen zudem darauf hin, dass die Rechte auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäusserung das Recht voraussetzen, an PolitikerInnen und anderen Personen des öffentlichen Lebens Kritik zu üben.