Studierende in Guerrero getötet, weitere verletzt und vermisst
Am 26. September wurden Studierende im mexikanischen Bundesstaat Guerrero von Polizeikräften unter Beschuss genommen. Später wurden sie von unbekannten bewaffneten Männern angegriffen. Mindestens sechs Personen kamen bei den Zwischenfällen ums Leben. Weitere 20 Personen wurden verletzt, und der Verbleib von 38 Studierenden ist unklar.
Am 26. September um etwa 21.00 Uhr befanden sich 80 Studierende in drei Bussen auf dem Weg von Iguala nach Chilpancingo, der Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaats Guerrero. Die Studierenden besuchen das Ausbildungszentrum für LehrerInnen Escuela Normal Rural Raúl Isidro Burgos in Ayotzinapa.
Berichten zufolge wurden die drei Busse beim Verlassen von Iguala von lokalen Polizeikräften abgepasst und ohne Vorwarnung beschossen. Die Busse hielten an und die Studierenden versuchten, auszusteigen und sich in Sicherheit zu bringen. Sie wurden jedoch weiterhin beschossen, wobei mindestens ein Student schwer verletzt wurde. Über 20 Personen wurden daraufhin festgenommen, ihr Verbleib ist unbekannt. Drei Stunden später sprachen die Studierenden gerade mit JournalistInnen über den Vorfall, als sich plötzlich ein Zivilfahrzeug näherte, aus dem Männer in Zivilkleidung erneut das Feuer eröffneten. Mindestens zwei Studierende wurden hierbei getötet und zahlreiche weitere verletzt. An diesem Abend und in der Nacht ereigneten sich insgesamt vier gewaltsame Zwischenfälle unter Beteiligung der Polizei und unbekannten bewaffneten Männern, in deren Folge insgesamt mindestens drei Studierende, ein Busfahrer, ein Mitglied eines lokalen Fussballvereins und eine Zivilperson erschossen wurden.
Am 27. September um 7.00 Uhr suchten einige Studierende das Lokalbüro der Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates (Procuraduría General de Justicia del Estado – PGJE) auf, um Anzeige zu erstatten und Informationen über ihre vermissten KommilitonInnen einzuholen. Die Behörden bestritten jedoch, etwas über die Vorfälle bzw. den Verbleib der Studierenden zu wissen. Später am selben Tag erfuhren die Studierenden, dass man die Leiche eines Studenten gefunden habe und diese offenbar Folterspuren aufwies. In der Zwischenzeit konnte der Aufenthaltsort einiger vermisster Studierender herausgefunden werden, 38 gelten jedoch weiterhin als vermisst. 22 PolizistInnen sind im Zuge der gewaltsamen Zwischenfälle festgenommen worden. Allerdings ist weiter unklar, weshalb die PolizistInnen das Feuer eröffneten, ob der Befehl von höherer Stelle kam und um wen es sich bei den unbekannten bewaffneten Männern handelte.
Hintergrundinformationen
Amnesty International erhält regelmässig Berichte über willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen sowie Fälle von Folter und Verschwindenlassen in Mexiko. Die mexikanische Regierung hält offiziell 22.000 Personen für vermisst oder verschwunden. Es ist nicht bekannt, in wie vielen Fällen staatliche Bedienstete etwas mit dem Verschwindenlassen zu tun haben.
Im Dezember 2011 wurden Studierende aus Ayotzinapa in der Nähe von Chilpancingo, der Hauptstadt des Bundesstaates Guerrero, von nationalen Polizeikräften angegriffen. Drei Personen wurden dabei getötet und mindestens 24 Studierende gefoltert oder anderweitig misshandelt. Die PolizistInnen und Vorgesetzten, die für die Tötungen und Misshandlungen verantwortlich sind, wurden nie zur Rechenschaft gezogen. So entstand ein Klima der Straffreiheit. Weitere Informationen finden Sie in den englischsprachigen Beiträgen Mexico urged to investigate student deaths in clash with police (http://www.amnesty.org/en/news/mexico-urged-investigate-student-deaths-clash-police-2011-12-13) und Known abusers, but victims ignored: Torture and ill-treatment in Mexico (http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR41/063/2012/en).