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Startseite Urgent Actions 2014 09 Photojournalist held a year without charge Shawkan’s trial adjourned to 1 November
FI 243/14-8
Ägypten
Abgeschlossen am 7. November 2016

Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid erneut verschoben

AI-Index: MDE 12/5001/2016

Das Verfahren gegen den Fotojournalisten Mahmoud Abu Zeid, auch bekannt als «Shawkan», ist erneut verschoben worden und soll nun am 1. November stattfinden. Gegen den gewaltlosen politischen Gefangenen sind im Zusammenhang mit seiner journalistischen Arbeit konstruierte Anklagen erhoben worden. Bei einem Schuldspruch könnte ihm die Todesstrafe drohen.

Ein Strafgericht in Kairo hat das Verfahren von Mahmoud Abu Zeid und 738 weiteren Angeklagten am 8. Oktober erneut verschoben. Ein Angeklagter der an Krebs leidet, Hosny Ali, ist aus der Haft entlassen worden. Einer der Rechtsbeistände von Mahmoud Abu Zeid sagte Amnesty International gegenüber, dass das Verfahren verschoben worden sei, damit weitere Bilder und Videos ausgewertet werden können, die Beweise zur Untermauerung der Argumente der Anklage enthalten sollen.

Mahmoud Abu Zeid war am 14. August 2013 festgenommen worden, als er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo fotografisch dokumentierte. Bei dem Gerichtstermin am 8. Oktober legte die Staatsanwaltschaft einige CDs mit Fotos und Videos vor, welche die Angeklagten mutmasslich belasten. Die Verteidigung legte jedoch Einspruch gegen die Verwendung der Inhalte der CDs ein, da sie sich auf Vorkommnisse vor der Auflösung des Protests auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz beziehen würden. Unter anderem sind es Fotos und Videos von der «Revolution des 25. Januar» 2011. Die Staatsanwaltschaft gab daraufhin an, dass die Beweise vom ägyptischen Geheimdienst vorgelegt worden seien. Der ägyptische Geheimdienst ist seit Anfang 2015 stärker an der Unterdrückung der Regierungsopposition, Folterungen und anderweitigen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen beteiligt als jede andere staatliche Behörde. Die Verantwortlichen bleiben dabei straffrei.

Die Inhaftierung von Mahmoud Abu Zeid ist nach ägyptischem Recht rechtswidrig. Gemäss Paragraf 143 der ägyptischen Strafprozessordnung dürfen Personen, denen Straftaten vorgeworfen werden, die mit der Todesstrafe oder einer lebenslanger Haftstrafe geahndet werden können, maximal zwei Jahre in Untersuchungshaft festgehalten werden. Die Anträge der Rechtsbeistände von Mahmoud Abu Zeid auf Freilassung waren bisher erfolglos. Er befindet sich weiterhin im Tora-Gefängnis. Am 19. Oktober wurde er vom Istiqbal-Trakt des Gefängnisses in den Tahqiq-Trakt verlegt. Die Gründe für diese Verlegung sind bisher nicht bekannt.

Mahmoud Abu Zeid steht gemeinsam mit 738 weiteren Angeklagten vor Gericht, unter denen sich auch Führungspersönlichkeiten der Muslimbruderschaft befinden. Zu den neun konstruierten Anklagepunkten, die gegen ihn erhoben wurden, gehören auch die «Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppe» und «Mord». Er streitet alle Vorwürfe ab. Mahmoud Abu Zeid erhält nur sporadisch Medikamente zur Behandlung seiner Hepatitis-C-Erkrankung.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Mahmoud Abu Zeid arbeitet als freiberuflicher Fotojournalist. Am Tag seiner Festnahme dokumentierte er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo für die britische Fotoagentur Demotix. Zwei ausländische JournalistInnen wurden ebenfalls festgenommen, kamen jedoch noch am selben Tag frei. Obwohl Demotix der ägyptischen Staatsanwaltschaft gegenüber bestätigte, dass Mahmoud Abu Zeid zum Zeitpunkt seiner Festnahme für sie tätig war, wurde er dennoch inhaftiert. Zuvor hat er für eine Reihe von Medien gearbeitete, unter anderem für das Time Magazine, Die Zeit und die BILD.
Mahmoud Abu Zeid sagte, dass er an seinem ersten Tag in Haft sowie bei seinem Transport in das Abu Zabaal-Gefängnis am 17. August 2013 von PolizistInnen und SoldatInnen geschlagen wurde. Laut einem Brief von ihm, den Amnesty International am 5. April 2015 veröffentlichte (https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/04/600-days-in-jail-for-taking-pictures/), sollen BeamtInnen ihn getreten und mit Fäusten und Schlagstöcken auf ihn eingeschlagen haben. Bei seinem Transport in das Abu Zabaal-Gefängnis wurde er ausserdem acht Stunden lang bei Temperaturen von über 30 Grad ohne Essen, Wasser und frische Luft in einem geparkten Transporter festgehalten. In dem Brief bezeichnete er seine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit als „psychisch unerträglich“.
Das bisherige Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid war unfair. Seinen Rechtsbeiständen wurde wiederholt der Zugang zu wichtigen Dokumenten verwehrt. Unter anderem durften sie die Liste der Anklagepunkte nicht einsehen. Dies erschwerte es ihnen, die Verteidigung von Mahmoud Abu Zeid angemessen vorzubereiten. Gerichtsverfahren, bei denen sehr viele Personen gleichzeitig angeklagt sind, erschweren die Einhaltung des Rechts auf einen fairen Gerichtsprozess für jeden einzelnen Angeklagten. Die ägyptischen Behörden haben bereits mehrfach solche Massenverfahren durchgeführt, in denen Mitglieder von Oppositionsgruppen angeklagt wurden. Viele von ihnen mussten sich wegen konstruierter Anklagen verantworten, ohne dass die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit jedes einzelnen Angeklagten bewiesen wurde.
Das Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid und die 738 weiteren Angeklagten findet in einem Gebäude statt, das zum Tora-Gefängnis gehört. Die Angeklagten befinden sich bei den Sitzungen in einem durch Glas abgetrennten und schalldichten Bereich des Gerichtssaals. Sie können dem Verfahren nur über Kopfhörer folgen, was laut einem der Rechtsbeistände nicht gut funktioniert. Nur wenn der Richter es ihnen erlaubt, den abgetrennten Bereich zu verlassen, ist es ihnen möglich, sich zu äussern.
Ägypten ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Artikel 9 verbietet die willkürliche Inhaftierung. Artikel 19 garantiert das Recht, sich Informationen und Gedankengut zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Artikel 14 garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Gerichtsprozess durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht. Desweiteren garantiert der Artikel, dass jede Person, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt wird, Anspruch darauf hat, über Art und Grund der gegen sie erhobenen Anklage unterrichtet zu werden; dass sie hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung erhält; und dass sie das Recht hat, bei der Verhandlung anwesend zu sein, und Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen.

9 Briefe verschickt  
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