Verfahren gegen inhaftierten Shawkan verschoben bis 28. Juni
Das Verfahren gegen den Fotojournalisten Mahmoud Abu Zeid, auch bekannt als „Shawkan“, ist erneut verschoben worden und soll nun am 28. Juni stattfinden. Die Verteidigung soll so ausreichend Zeit erhalten, um von der Staatsanwaltschaft vorgebrachte Beweise einzusehen. Gegen Mahmoud Abu Zeid sind im Zusammenhang mit seiner journalistischen Arbeit konstruierte Anklagen erhoben worden. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und ihm könnte bei einem Schuldspruch die Todesstrafe drohen.
Ein Strafgericht in Kairo hat das Verfahren von Mahmoud Abu Zeid und 738 weiteren Angeklagten am 21. Mai erneut verschoben. Es soll nun am 28. Juni stattfinden. Laut dem Rechtsbeistand des Fotojournalisten will man den VerteidigerInnen so genug Zeit geben, um von der Staatsanwaltschaft vorgebrachte Dokumenten sowie Videos und USB-Sticks einzusehen, die Beweise zur Untermauerung der Argumente der Anklage enthalten sollen. Es wird davon ausgegangen, dass die Videoaufzeichnungen beim nächsten Gerichtstermin gezeigt werden.
Bei dem Termin am 21. Mai hatte Mahmoud Abu Zeid die Möglichkeit, sich direkt ans Gericht zu wenden und mit dem Richter zu sprechen. Er legte die Umstände seiner Festnahme am 14. August 2013 dar und erklärte, dass er lediglich seiner Arbeit als Fotojournalist nachgegangen war. „Fotos zu machen, ist kein Verbrechen“, sagte er dem Richter gegenüber.
Mahmoud Abu Zeid war festgenommen worden, als er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo fotografisch dokumentierte. Seine Inhaftierung ist nach ägyptischem Recht rechtswidrig. Gemäss Paragraf 143 der ägyptischen Strafprozessordnung dürfen Personen, denen Straftaten vorgeworfen werden, die mit der Todesstrafe oder einer lebenslanger Haftstrafe geahndet werden können, maximal zwei Jahre in Untersuchungshaft festgehalten werden. Die Anträge seiner Rechtsbeistände auf Freilassung waren bisher erfolglos. Er befindet sich weiterhin im Tora-Gefängnis.
Mahmoud Abu Zeid steht gemeinsam mit 738 weiteren Angeklagten vor Gericht, unter denen sich auch Führungspersönlichkeiten der Muslimbruderschaft befinden. Zu den neun konstruierten Anklagepunkten, die gegen ihn erhoben wurden, gehören auch die „Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppe“ und „Mord“. Er streitet alle Vorwürfe ab. Mahmoud Abu Zeid erhält laut seinem Rechtsbeistand sporadisch Medikamente zur Behandlung seiner Hepatitis-C-Erkrankung.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Mahmoud Abu Zeid arbeitet als freiberuflicher Fotojournalist. Am Tag seiner Festnahme dokumentierte er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo für die britische Fotoagentur Demotix. Zwei ausländische JournalistInnen wurden ebenfalls festgenommen, kamen jedoch noch am selben Tag frei. Obwohl Demotix der ägyptischen Staatsanwaltschaft gegenüber bestätigte, dass Mahmoud Abu Zeid zum Zeitpunkt seiner Festnahme für sie tätig war, wurde er dennoch inhaftiert. Zuvor hat er für eine Reihe von Medien gearbeitete, unter anderem für das Time Magazine, Die Zeit, BILD und Media Group.
Seit der Festnahme von Mahmoud Abu Zeid ist seine Haftanordnung immer wieder mit der Begründung verlängert worden, dass die Staatsanwaltschaft weitere Verhöre durchführen müsse und die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien.
Mahmoud Abu Zeid sagte, dass er an seinem ersten Tag in Haft sowie bei seinem Transport in das Abu Zabaal-Gefängnis am 17. August 2013 von PolizistInnen und SoldatInnen geschlagen wurde. Laut einem Brief von ihm, den Amnesty International am 5. April 2015 veröffentlichte, sollen BeamtInnen ihn getreten und mit Fäusten und Schlagstöcken auf ihn eingeschlagen haben. Bei seinem Transport in das Abu Zabaal-Gefängnis wurde er ausserdem acht Stunden lang bei Temperaturen von über 30 Grad ohne Essen, Wasser und frische Luft in einem geparkten Transporter festgehalten. In dem Brief bezeichnete er seine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit als „psychisch unerträglich“.
Das bisherige Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid war unfair. Seinen Rechtsbeiständen wurde wiederholt der Zugang zu wichtigen Dokumenten verwehrt. Unter anderem durften sie die Liste der Anklagepunkte nicht einsehen. Dies erschwerte es ihnen, die Verteidigung von Mahmoud Abu Zeid angemessen vorzubereiten. Gerichtsverfahren, bei denen sehr viele Personen gleichzeitig angeklagt sind, erschweren die Einhaltung des Rechts auf einen fairen Gerichtsprozess für jeden einzelnen Angeklagten. Die ägyptischen Behörden haben bereits mehrfach solche Massenverfahren durchgeführt, in denen Mitglieder von Oppositionsgruppen angeklagt wurden. Viele von ihnen mussten sich wegen konstruierter Anklagen verantworten, ohne dass die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit jedes einzelnen Angeklagten bewiesen wurde.
Ägypten ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Artikel 9 verbietet die willkürliche Inhaftierung. Artikel 19 garantiert das Recht, sich Informationen und Gedankengut zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Artikel 14 garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Gerichtsprozess durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht. Desweiteren garantiert der Artikel, dass jede Person, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt wird, Anspruch darauf hat, über Art und Grund der gegen sie erhobenen Anklage unterrichtet zu werden; dass sie hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung erhält; und dass sie das Recht hat, bei der Verhandlung anwesend zu sein, und Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen.