Verfahrenstermin gegen Fotojournalisten erneut verschoben
Der Termin für das Gerichtsverfahren gegen den Fotojournalisten Mahmoud Abu Zeid, auch bekannt als «Shawkan», wurde erneut verschoben. Am 5. Februar wurde er für vier Tage in Einzelhaft verlegt. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der sich nur wegen der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäusserung in Haft befindet.
Am 6. Februar 2016 haben die ägyptischen Justizbehörden das Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid, auch bekannt als «Shawkan», auf den 26. März 2016 verschoben. Es wird im Tora-Polizeigericht in Kairo stattfinden, das an den Tora-Gefängniskomplex angeschlossen ist. Es kommen immer mehr Zweifel auf, dass sein Verfahren fair ablaufen wird und dass die Unschuldsvermutung eingehalten wird. Personen, die in der Vergangenheit vor diesem Gericht angeklagt wurden, haben sich über die Durchführung ihrer Verfahren beschwert. Sie berichteten, dass sie hinter einer Glasscheibe sitzen mussten, wodurch sie die Verhandlung nicht gut hören, nicht aktiv am Verfahren teilnehmen und sich nicht verteidigen konnten.
Mahmoud Abu Zeid war am Abend des 5. Februar 2016 für vier Tage in Einzelhaft gebracht worden, da er im Gefängnis ein Mobiltelefon besessen haben soll. Angehörige des Gefängnispersonals hatten es beim Durchsuchen der Zelle, die sich Mahmoud Abu Zeid mit anderen Insassen teilte, gefunden. Einer der Gefangenen sagte, das Mobiltelefon gehöre ihm, die Angehörigen des Gefängnispersonals bestanden jedoch darauf, dass es Mahmoud Abu Zeid gehöre. Während der vier Tage in Einzelhaft durfte ihn seine Familie nicht besuchen, er bekam pro Tag nur ein wenig Brot zu essen und dreckiges Wasser zu trinken und musste einen Eimer als Toilette benutzen.
Mahmoud Abu Zeid war am 14. August 2013 festgenommen worden, als er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo fotografisch dokumentierte, und befindet sich seitdem in Haft. Er ist der erste ägyptische Journalist, der seit über 850 Tagen inhaftiert ist, und seine Inhaftierung ist nach ägyptischem Recht rechtswidrig. Gemäss Paragraf 143 der ägyptischen Strafprozessordnung beträgt die Höchstdauer für Untersuchungshaft zwei Jahre.
Mahmoud Abu Zeid muss sich wegen einer Reihe konstruierter Anklagen vor Gericht verantworten, die er alle bestreitet. Obwohl sich sein Gesundheitszustand aufgrund einer Hepatitis-C-Erkrankung weiter verschlechtert, erhält Mahmoud Abu Zeid noch immer keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Seine Familie hat wiederholt erfolglos eine Freilassung aus medizinischen Gründen bei der Staatsanwaltschaft beantragt.
Hintergrundinformationen
Mahmoud Abu Zeid arbeitet als freiberuflicher Fotojournalist. Am 14. August 2013, dem Tag seiner Festnahme, dokumentierte er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo für die britische Fotoagentur Demotix. Obwohl diese der ägyptischen Staatsanwaltschaft gegenüber bestätigte, dass Mahmoud Abu Zeid zu diesem Zeitpunkt für sie tätig war, wurde er dennoch inhaftiert.
Seit der Festnahme von Mahmoud Abu Zeid ist seine Haftanordnung immer wieder mit der Begründung verlängert worden, dass die Staatsanwaltschaft weitere Verhöre durchführen müsse und die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Gemäss der ägyptischen Strafprozessordnung dürfen Personen, denen Vergehen vorgeworfen werden, maximal sechs Monate in Untersuchungshaft festgehalten werden. Bei mutmasslichen Verbrechen beträgt die Höchstdauer 18 Monate und bei Straftaten, die mit der Todesstrafe oder einer lebenslanger Haftstrafe geahndet werden können, zwei Jahre (Paragraf 143). Im Fall von Mahmoud Abu Zeid wurde die Höchstdauer der Untersuchungshaft bereits im August 2015 überschritten. Seine Rechtsbeistände haben vor dem Berufungsgericht ein Rechtsmittel eingelegt und seine sofortige Freilassung gefordert, jedoch ohne Erfolg.
Mahmoud Abu Zeid sagte, dass er an seinem ersten Tag in Haft sowie bei seinem Transport in das Abu Zabaal-Gefängnis am 17. August 2013 von Polizist_innen und Soldat_innen geschlagen wurde. Beamt_innen sollen ihn getreten und mit Fäusten und Schlagstöcken auf ihn eingeschlagen haben. Bei seinem Transport in das Abu Zabaal-Gefängnis wurde er ausserdem acht Stunden lang bei Temperaturen von über 30 Grad ohne Essen, Wasser und frische Luft in einem geparkten Transporter festgehalten. Im April 2015 schrieb er einen Brief, den Amnesty International veröffentlichte. Darin beschrieb er die katastrophalen Bedingungen, unter denen er festgehalten wird, und bezeichnete seine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit als «psychisch unerträglich».
Das Gerichtsverfahren, in dem Mahmoud Abu Zeid zusammen mit 738 weiteren Personen unter Anklage steht, sollte am 6. Februar 2016 beginnen. Am 12. Dezember 2015 wurde das Verfahren verschoben, damit Bauarbeiten am Gerichtssaal durchgeführt werden konnten, bei denen die Käfige, in denen sich die Angeklagten während des Verfahrens aufhalten müssen, vergrössert werden sollten. Gerichtsbeamt_innen hatten festgestellt, dass der Gerichtssaal zu klein ist, um Platz für alle Angeklagten zu bieten. Das bisherige Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid war unfair. Seinen Rechtsbeiständen wurde wiederholt der Zugang zu wichtigen Dokumenten verwehrt. Unter anderem dürfen sie die Liste der Anklagepunkte nicht einsehen. Dies hindert sie daran, die Verteidigung von Mahmoud Abu Zeid angemessen vorzubereiten. Gerichtsverfahren, bei denen sehr viele Personen gleichzeitig angeklagt sind, erschweren die Einhaltung des Rechts auf einen fairen Gerichtsprozess für jeden einzelnen Angeklagten. Die ägyptischen Behörden haben bereits mehrfach solche Massenverfahren durchgeführt, in denen Mitglieder von Oppositionsgruppen angeklagt wurden. Viele von ihnen mussten sich wegen konstruierter Anklagen verantworten, ohne dass die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit jedes einzelnen Angeklagten bewiesen wurde.
Ägypten ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Artikel 9 verbietet die willkürliche Inhaftierung. Artikel 19 garantiert das Recht, sich Informationen und Gedankengut zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Artikel 14 garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Gerichtsprozess durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht. Desweiteren garantiert der Artikel, dass jede Person, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt wird, Anspruch darauf hat, über Art und Grund der gegen sie erhobenen Anklage unterrichtet zu werden; dass sie hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung erhält; und dass sie das Recht hat, bei der Verhandlung anwesend zu sein, und Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen.