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Ägypten
Abgeschlossen am 24. April 2018
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15.03.2018: Correction

It has been brought to our attention that there is an error in the additional information, as Shawkan has been in detention for almost 5 years, not 2. The fifth paragraph now reads:

Shawkan’s detention, now ongoing for nearly 5 years, is illegal under Egyptian law.

Staatsanwalt fordert Todesstrafe in 739 Fällen

AI-Index: MDE 12/8016/2018

Am 3. März forderte der Staatsanwalt für Mahmoud Abu Zeid (auch als «Shawkan» bekannt) und weitere 738 Angeklagte die Todesstrafe. Sie waren alle am 14. August 2013 bei der gewaltsamen Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo festgenommen worden. Die nächste Anhörung vor dem Kairoer Strafgericht soll am 17. März stattfinden.

Bei einer Anhörung im Prozess gegen den ägyptischen Fotojournalisten und gewaltlosen politischen Gefangenen Mahmoud Abu Zeid («Shawkan») am 3. März forderte der Staatsanwalt für ihn und alle 738 Mitangeklagten die Todesstrafe. Die nächste Anhörung wurde auf den 17. März anberaumt. Dann soll die Verteidigung ihre Position darlegen.

Der 29-jährige Fotojournalist steht gemeinsam mit 738 weiteren Angeklagten, unter denen sich auch Führungspersönlichkeiten der Muslimbruderschaft befinden, in einem summarischen Verfahren vor Gericht. Ihm werden von der Staatsanwaltschaft 24 Straftaten zur Last gelegt, einschliesslich Mord. Bislang hat die Staatsanwaltschaft jedoch kein Beweismaterial vorgelegt, das den Vorwurf erhärtet, dass Mahmoud Abu Zeid die ihm zur Last gelegten Straftaten begangen hat. Amnesty International ist der Ansicht, dass er ein gewaltloser politischer Gefangener ist.

Die Familie von Mahmoud Abu Zeid teilte Amnesty International mit, dass er vor seiner Festnahme am 14. August 2013 eine Hepatitis-C-Diagnose erhalten hatte und dass sich sein Gesundheitszustand im Gefängnis verschlechtert. Doch am 20. Mai 2017 legte die Staatsanwaltschaft dem Kairoer Strafgericht den Bericht der gerichtsmedizinischen Behörde über Mahmoud Abu Zeid vor, in dem es heisst, er würde an keiner Krankheit leiden und dass er bei «sehr guter» Gesundheit sei. Bei derselben Sitzung ordnete das Gericht eine Untersuchung der Vorwürfe an, die von mehreren Inhaftierten, darunter auch Mahmoud Abu Zeid, vorgebracht worden waren. Sie warfen der Gefängnisverwaltung vor, sie durch körperliche Übergriffe und das Vorenthalten von Medikamenten und Hygieneartikeln zu misshandeln.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nach dem Sturz von Mohammed Mursi am 3. Juli 2013 begann Mahmoud Abu Zeid, den Sitzstreik von AnhängerInnen des ehemaligen Präsidenten auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Nasr City, einem Stadtteil von Kairo, fotografisch zu dokumentieren. Am 14. August 2013 setzten die ägyptischen Sicherheitskräfte bei der Räumung des Platzes unverhältnismässige Gewalt ein. Dabei wurden Hunderte Protestierende sowie acht Angehörige der Sicherheitskräfte getötet. Als Mahmoud Abu Zeid am 14. August 2013 von Polizeikräften festgenommen wurde, war er für die britische Fotoagentur Demotix tätig. Zwei ausländische JournalistInnen wurden ebenfalls festgenommen, kamen jedoch noch am selben Tag frei. Obwohl Demotix der ägyptischen Staatsanwaltschaft gegenüber bestätigte, dass Mahmoud Abu Zeid zum Zeitpunkt seiner Festnahme für sie tätig war, wurde er inhaftiert.
Mahmoud Abu Zeid sagte, dass er an seinem ersten Tag in Haft sowie bei seinem Transport aus der überfüllten Zelle einer Kairoer Polizeiwache in das Abu-Zaabal-Gefängnis am 17. August 2013 von PolizistInnen und SoldatInnen geschlagen wurde. Laut einem Brief von ihm, den Amnesty International am 5. April 2015 veröffentlichte (https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/04/600-days-in-jail-for-taking-pictures/), sollen BeamtInnen ihn getreten und mit Fäusten und Schlagstöcken auf ihn eingeschlagen haben. Bei seinem Transport in das Abu-Zaabal-Gefängnis wurde er ausserdem acht Stunden lang bei Temperaturen von über 30 Grad ohne Essen, Wasser und frische Luft in einem geparkten Transporter festgehalten. In dem Brief bezeichnete er seine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit als «psychisch unerträglich». Er wurde im Dezember 2013 in den Tora-Gefängniskomplex in Kairo verlegt und befindet sich noch immer in diesem Gefängnis.
Der Fall Mahmoud Abu Zeid wurde im Briefmarathon 2016 aufgegriffen. Während des Briefmarathons schrieben Menschen aus aller Welt Solidaritätsschreiben an den inhaftierten Journalisten und Appellbriefe an die Regierung. Im Rahmen der Kampagne haben mindestens 445.590 Menschen aus der ganzen Welt die Freilassung von Shawkan gefordert.
Am 21. Oktober 2016 hat die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen des UN-Menschenrechtsrats ihre Einschätzung zu diesem Fall veröffentlicht. Darin fordert sie die ägyptischen Behörden auf, Shawkan «umgehend freizulassen» und «ihm ein einklagbares Recht auf Entschädigung einzuräumen». Die Arbeitsgruppe betrachtet die Festnahme und den Freiheitsentzug Shawkans als willkürlich und als Verletzung der Rechte und Freiheiten, welche die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantieren.
Shawkans Inhaftierung verstösst ausserdem gegen ägyptisches Recht: Laut Paragraf 143 der ägyptischen Strafprozessordnung dürfen Personen, die wegen Vorwürfen festgehalten werden, für die bei einer Verurteilung entweder eine lebenslange Haft- oder die Todesstrafe drohen, bis zu maximal zwei Jahren ohne Anklage inhaftiert werden. Shawkan ist mittlerweile mehr als vier Jahre in Haft. Diese rechtswidrige Inhaftierung ist ein weiterer Angriff auf die Menschenrechte in Ägypten.
Die Anhörung von Mahmoud Abu Zeid vor dem Kairoer Strafgericht wurde mehr als 50 Mal vertagt, in erster Linie wegen der grossen Zahl an Angeklagten. Gerichtsverfahren, bei denen sehr viele Personen gleichzeitig angeklagt sind, erschweren die Einhaltung des Rechts auf einen fairen Gerichtsprozess für jeden einzelnen Angeklagten. Seinen Rechtsbeiständen wurde von den ägyptischen Behörden wiederholt der Zugang zu wichtigen Dokumenten verwehrt.
Ägypten ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Artikel 9 verbietet die willkürliche Inhaftierung. Artikel 19 garantiert das Recht auf Meinungsfreiheit - das Recht, sich Informationen und Gedankengut zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Artikel 14 garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Gerichtsprozess durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf gesetzlicher Grundlage eingerichtetes Gericht. Desweiteren garantiert der Artikel, dass jede Person, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt wird, Anspruch darauf hat, über Art und Grund der gegen sie erhobenen Anklage unterrichtet zu werden; dass sie hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung erhält; und dass sie das Recht hat, bei der Verhandlung anwesend zu sein und Fragen an die BelastungszeugInnen zu stellen oder stellen zu lassen.

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