Shawkan nach vier Jahren weiterhin in Haft
Am 12. August wurde die Anhörung von Mahmoud Abu Zeid vor dem Kairoer Strafgericht zum 35. Mal vertagt. Als neuer Termin wurde der 19. August anberaumt. Mahmoud Abu Zeids Inhaftierung jährt sich am 14. August zum vierten Mal. Der ägyptische Fotojournalist Mahmoud Abu Zeid, auch bekannt als Shawkan, ist nun seit mehr als vier Jahren inhaftiert. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.
Am 12. August wurde die Anhörung von Mahmoud Abu Zeid vor dem Kairoer Strafgericht zum 35. Mal vertagt. Als neuer Termin wurde der 19. August anberaumt. Die ägyptische Polizei hatte den Fotojournalisten am 14. August 2013 festgenommen, als er gerade dabei war, einen Sitzstreik von AnhängerInnen des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Nasr City, einem Stadtteil von Kairo, fotografisch zu dokumentieren. Seit über vier Jahren wird Mahmoud Abu Zeid von den ägyptischen Behörden in Haft gehalten. Seit Dezember 2013 wird er im Tora-Gefängnis in Kairo festgehalten.
Die Familie von Mahmoud Abu Zeid teilte Amnesty International vor geraumer Zeit mit, dass er vor seiner Festnahme am 14. August 2013 eine Hepatitis-C-Diagnose erhalten hatte und dass sich sein Gesundheitszustand im Gefängnis verschlechtert. Am 20. Mai 2017 legte die Staatsanwaltschaft dem Kairoer Strafgericht den Bericht der gerichtsmedizinischen Behörde über Mahmoud Abu Zeid vor, in dem es heisst, er würde an keiner Krankheit leiden und dass er bei sehr guter Gesundheit sei. Bei derselben Sitzung ordnete das Gericht eine Untersuchung der Vorwürfe an, die von mehreren Inhaftierten, darunter auch Mahmoud Abu Zeid, vorgebracht worden waren. Sie warfen der Gefängnisverwaltung vor, sie durch körperliche Übergriffe und das Vorenthalten von Medikamenten und Hygieneartikeln zu misshandeln.
Der 29-Jährige Fotojournalist steht gemeinsam mit 738 weiteren Angeklagten vor Gericht, unter denen sich auch Führungspersönlichkeiten der Muslimbruderschaft befinden. Zu den neun konstruierten Anklagepunkten, die gegen ihn erhoben wurden, gehört auch „Mord“. Bei einem Schuldspruch könnte er daher zum Tode verurteilt werden. Bislang hat die Staatsanwaltschaft kein Beweismaterial vorgelegt, das den Vorwurf erhärtet, dass Mahmoud Abu Zeid die ihm zur Last gelegten Straftaten begangen hat. Amnesty International ist der Ansicht, dass er ein gewaltloser politischer Gefangener ist.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Der Fall Mahmoud Abu Zeid wurde im Briefmarathon 2016 aufgegriffen. Während des Briefmarathons schrieben Menschen aus aller Welt Solidaritätsschreiben an den inhaftierten Journalisten und Appellbriefe an die Regierung. Im Rahmen der Kampagne haben mindestens 445.590 Menschen aus der ganzen Welt die Freilassung von Shawkan gefordert.
Mahmoud Abu Zeid arbeitet als freiberuflicher Fotojournalist und wurde am 14. August 2013 festgenommen. Am Tag seiner Festnahme dokumentierte er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo für die britische Fotoagentur Demotix. Zwei ausländische JournalistInnen wurden ebenfalls festgenommen, kamen jedoch noch am selben Tag frei. Obwohl Demotix der ägyptischen Staatsanwaltschaft gegenüber bestätigte, dass Mahmoud Abu Zeid zum Zeitpunkt seiner Festnahme für sie tätig war, wurde er inhaftiert.
Mahmoud Abu Zeid sagte, dass er an seinem ersten Tag in Haft sowie bei seinem Transport aus der überfüllten Zelle einer Kairoer Polizeiwache in das Abu-Zaabal-Gefängnis am 17. August 2013 von PolizistInnen und SoldatInnen geschlagen wurde. Laut einem Brief von ihm, den Amnesty International am 5. April 2015 veröffentlichte (https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/04/600-days-in-jail-for-taking-pictures/), sollen BeamtInnen ihn getreten und mit Fäusten und Schlagstöcken auf ihn eingeschlagen haben. Bei seinem Transport in das Abu-Zaabal-Gefängnis wurde er ausserdem acht Stunden lang bei Temperaturen von über 30 Grad ohne Essen, Wasser und frische Luft in einem geparkten Transporter festgehalten. In dem Brief bezeichnete er seine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit als „psychisch unerträglich“. Er wurde im Dezember 2013 in den Tora-Gefängniskomplex in Kairo verlegt und befindet sich noch immer in diesem Gefängnis.
Am 21. Oktober hat die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen des UN-Menschenrechtsrats ihre Einschätzung zu diesem Fall veröffentlicht. Darin fordert sie die ägyptischen Behörden auf, Shawkan „umgehend freizulassen“ und „ihm ein einklagbares Recht auf Entschädigung einzuräumen“. Die Arbeitsgruppe betrachtet die Festnahme und den Freiheitsentzug Shawkans als willkürlich und als Verletzung der Rechte und Freiheiten, welche die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantieren.
Das bisherige Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid war unfair. Seinen Rechtsbeiständen wurde wiederholt der Zugang zu wichtigen Dokumenten verwehrt. Unter anderem durften sie die Liste der Anklagepunkte nicht einsehen. Dies erschwerte es ihnen, die Verteidigung von Mahmoud Abu Zeid angemessen vorzubereiten. Gerichtsverfahren, bei denen sehr viele Personen gleichzeitig angeklagt sind, erschweren die Einhaltung des Rechts auf einen fairen Gerichtsprozess für jeden einzelnen Angeklagten. Die ägyptischen Behörden haben bereits mehrfach solche Massenverfahren durchgeführt, in denen Mitglieder von Oppositionsgruppen angeklagt wurden. Viele von ihnen mussten sich wegen konstruierter Anklagen verantworten, ohne dass die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit jedes einzelnen Angeklagten bewiesen wurde.
Ägypten ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Artikel 9 verbietet die willkürliche Inhaftierung. Artikel 19 garantiert das Recht, sich Informationen und Gedankengut zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Artikel 14 garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Gerichtsprozess durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf gesetzlicher Grundlage eingerichtetes Gericht. Desweiteren garantiert der Artikel, dass jede Person, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt wird, Anspruch darauf hat, über Art und Grund der gegen sie erhobenen Anklage unterrichtet zu werden; dass sie hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung erhält; und dass sie das Recht hat, bei der Verhandlung anwesend zu sein und Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen.