Verfahren auf 27. Dezember verschoben
Das Verfahren gegen den Fotojournalisten Mahmoud Abu Zeid, auch bekannt als „Shawkan“, ist erneut verschoben worden und soll nun am 27. Dezember stattfinden. Der Bericht des Gefängnisarztes, der eine Freilassung von Mahmoud Abu Zeid aufgrund seines Gesundheitszustandes ermöglichen würde, ist dem Gericht bislang nicht vorgelegt worden.
Am 10. Dezember hat das Strafgericht Kairo das Verfahren des unter dem Namen „Shawkan“ bekannten Fotojournalisten Mahmoud Abu Zeid auf den 27. Dezember vertagt. Dann soll ein Video der Staatsanwaltschaft weiter abgespielt werden. Auch bei der Anhörung am 10. Dezember wurde der Bericht des Gefängnisarztes nicht vorgestellt. Sein Rechtsbeistand teilte Amnesty International mit, dass dies ausblieb, obwohl der Gefängnisarzt die Untersuchung gleich im Anschluss an Shawkans Verlegung in das Tahqiq-Gefängnis im Tora-Gefängniskomplex am 19. Oktober vorgenommen hatte, um zu bestätigen, dass er an Hepatitis C leidet. Zwei andere Angeklagte im selben Fall wurden aufgrund der Ergebnisse einer gerichtsmedizinischen Untersuchung freigelassen, die ergeben hatte, dass sie genau wie Shawkan an Hepatitis C leiden.
Der 29-Jährige Fotojournalist steht gemeinsam mit 738 weiteren Angeklagten vor Gericht, unter denen sich auch Führungspersönlichkeiten der Muslimbruderschaft befinden. Bislang wurde kein Beweismaterial vorgelegt, das die Anklagen gegen Mahmoud Abu Zeid erhärtet. Zu den neun konstruierten Anklagepunkten, die gegen ihn erhoben wurden, gehört auch „Mord“. Bei einem Schuldspruch könnte er daher zum Tode verurteilt werden. Mahmoud Abu Zeid wurde am 14. August 2013 festgenommen, als er Fotos machte.
Laut seinem Rechtsbeistand und einem Kindheitsfreund, der sich für Mahmoud Abu Zeids Freilassung einsetzt, ist sein Gesundheitszustand schlecht, da er in Haft keine angemessene medizinische Versorgung erhält. Nach eigenen Angaben ist Mahmoud Abu Zeid im Gewahrsam zudem gefoltert und geschlagen worden.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Mahmoud Abu Zeid arbeitet als freiberuflicher Fotojournalist und wurde am 14. August 2013 festgenommen. Am Tag seiner Festnahme dokumentierte er die gewaltsame Auflösung des Sitzstreiks auf dem Rabaa-al-Adawiya-Platz in Kairo für die britische Fotoagentur Demotix. Zwei ausländische JournalistInnen wurden ebenfalls festgenommen, kamen jedoch noch am selben Tag frei. Obwohl Demotix der ägyptischen Staatsanwaltschaft gegenüber bestätigte, dass Mahmoud Abu Zeid zum Zeitpunkt seiner Festnahme für sie tätig war, wurde er dennoch inhaftiert.
Mahmoud Abu Zeid sagte, dass er an seinem ersten Tag in Haft sowie bei seinem Transport aus der überfüllten Zelle einer Kairoer Polizeiwache in das Abu Zabaal-Gefängnis am 17. August 2013 von PolizistInnen und SoldatInnen geschlagen wurde. Laut einem Brief von ihm, den Amnesty International am 5. April 2015 veröffentlichte (https://www.amnesty.org/en/latest/news/2015/04/600-days-in-jail-for-taking-pictures/), sollen BeamtInnen ihn getreten und mit Fäusten und Schlagstöcken auf ihn eingeschlagen haben. Bei seinem Transport in das Abu Zabaal-Gefängnis wurde er ausserdem acht Stunden lang bei Temperaturen von über 30 Grad ohne Essen, Wasser und frische Luft in einem geparkten Transporter festgehalten. In dem Brief bezeichnete er seine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit als „psychisch unerträglich“.
Mahmoud Abu Zeid befindet sich weit über die nach Paragraf 143 der ägyptischen Strafprozessordnung zulässigen zwei Jahre in Untersuchungshaft. Gemäss Paragraf 143 dürfen Personen, denen Straftaten vorgeworfen werden, die mit der Todesstrafe oder einer lebenslanger Haftstrafe geahndet werden können, maximal zwei Jahre in Untersuchungshaft festgehalten werden.
Hintergrundinformationen – Fortsetzung
Am 21. Oktober hat die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen des UN-Menschenrechtsrats ihre Einschätzung zu diesem Fall veröffentlicht. Darin fordert sie die ägyptischen Behörden auf, Shawkan „umgehend freizulassen“ und „ihm ein einklagbares Recht auf Entschädigung einzuräumen“. Die Arbeitsgruppe betrachtet die Festnahme und den Freiheitsentzug Shawkans als willkürlich und als Verletzung der Rechte und Freiheiten, welche die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantieren.
Er befindet sich weiterhin im Tora-Gefängniskomplex. Am 19. Oktober wurde er vom Istiqbal-Trakt des Gefängnisses in den Tahqiq-Trakt verlegt. Die Gründe für diese Verlegung sind bisher nicht bekannt.
Das bisherige Verfahren gegen Mahmoud Abu Zeid war unfair. Seinen Rechtsbeiständen wurde wiederholt der Zugang zu wichtigen Dokumenten verwehrt. Unter anderem durften sie die Liste der Anklagepunkte nicht einsehen. Dies erschwerte es ihnen, die Verteidigung von Mahmoud Abu Zeid angemessen vorzubereiten. Gerichtsverfahren, bei denen sehr viele Personen gleichzeitig angeklagt sind, erschweren die Einhaltung des Rechts auf einen fairen Gerichtsprozess für jeden einzelnen Angeklagten. Die ägyptischen Behörden haben bereits mehrfach solche Massenverfahren durchgeführt, in denen Mitglieder von Oppositionsgruppen angeklagt wurden. Viele von ihnen mussten sich wegen konstruierter Anklagen verantworten, ohne dass die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit jedes einzelnen Angeklagten bewiesen wurde.
Die Angeklagten befinden sich bei den Sitzungen in einem durch Glas abgetrennten und schalldichten Bereich des Gerichtssaals. Sie können dem Verfahren nur über Kopfhörer folgen, was laut einem der Rechtsbeistände nicht gut funktioniert. Nur wenn der Richter es ihnen erlaubt, den abgetrennten Bereich zu verlassen, ist es ihnen möglich, sich zu äussern.
Ägypten ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Artikel 9 verbietet die willkürliche Inhaftierung. Artikel 19 garantiert das Recht, sich Informationen und Gedankengut zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Artikel 14 garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Gerichtsprozess durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf gesetzlicher Grundlage eingerichtetes Gericht. Des Weiteren garantiert der Artikel, dass jede Person, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt wird, Anspruch darauf hat, über Art und Grund der gegen sie erhobenen Anklage unterrichtet zu werden; dass sie hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung erhält; und dass sie das Recht hat, bei der Verhandlung anwesend zu sein, und Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen.