Gewerkschafter wegen Hungerstreiks bestraft
Der iranische Gewerkschafter und gewaltlose politische Gefangene Shahrokh Zamani hat nach 38 Tagen seinen Hungerstreik beendet. Er ist gesundheitlich stark angegriffen. Es sind Vergeltungsmassnahmen gegen ihn ergriffen worden, weil er im Raja’i Shahr-Gefängnis die Rechte der Gefangenen einfordert.
Nach Beendigung des Hungerstreiks am 14. April ist der Gewerkschafter Shahrokh Zamani in einen Trakt für gewalttätige und gefährliche Gefangene im Raja’i Shahr-Gefängnis in Karaj im Nordwesten von Teheran verlegt worden. Kurz nach Beginn seines Hungerstreiks hatte man ihn in das Ghezel Hessar-Gefängnis, das ebenfalls in Karaj ist, gebracht. Das Ghezel Hessar-Gefängnis ist für seine schlechten Haftbedingungen bekannt und verfügt nicht über einen Trakt für politische Gefangene. Während der Verlegung am 14. April soll Shahrokh Zamani von Gefängniswärtern ins Gesicht geschlagen worden sein und dabei soll seine Brille zerstört worden sein. Am Morgen des 16. April wurde Shahrokh Zamani zum Verhör aus dem Gefängnis und später wieder zurück gebracht. Man hat ihm mitgeteilt, dass er im Zusammenhang mit seinem Aktivismus im Gefängnis, seinem Hungerstreik und seinen offenen Briefen zu den Haftbedingungen wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ angeklagt werden könnte.
Eine Amnesty nahestehende Quelle hat berichtet, dass der 49 Jahre alte Shahrokh Zamani nach seinem Hungerstreik sehr geschwächt ist. Er hat 22 Kilo abgenommen, wurde aber nicht von einem Arzt untersucht.
Der Anstreicher und Dekorateur Shahrokh Zamani trat am 8. März in Solidarität mit den eingesperrten Sufi Gonabadi-Derwischen in den Hungerstreik, die ihrerseits einen Hungerstreik begonnen hatten, um gegen die schlechten Haftbedingungen und ihre Misshandlung durch Gefängniswärter zu protestieren. Shahrokh Zamani war am 11. März vom Raja’i Shahr-Gefängnis in das Ghezel Hessar-Gefängnis verlegt worden, allem Anschein nach um ihn für seinen anhaltenden friedlichen Aktivismus aus dem Gefängnis heraus zu bestrafen. Shahrokh Zamani gab an, er habe den Hungerstreik aus Protest gegen seine Verlegung fortgeführt.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Shahrokh Zamani hat mindestens 14 Briefe an die Gefängnisbehörden geschrieben, doch auf die darin geäusserten Bedenken wurde nicht eingegangen. In einem Brief an den das Gefängnis kontrollierenden Richter legte Shahrokh Zamani dar, dass er nach seinem Protest gegen die Schliessung und den Abriss der Bibliothek des Raja’i Shahr-Gefängnisses und die Schläge und anderen Misshandlungen des kurdischen Todeskandidaten Loghman (auch Loqman) Moradi in das Ghezel Hessar-Gefängnis verlegt wurde.
Shahrokh Zamani wurde am 8. Juni 2011 gemeinsam mit dem Maler Mohammad Jarahi festgenommen. Beide stammen aus Tabriz und gehören einer Gruppe an, die sich für die Bildung unabhängiger Gewerkschaften im Iran einsetzt. Shahrokh Zamani verbrachte 32 Tage im Hungerstreik, um gegen seine Festnahme im Geheimdienstgefängnis von Tabriz zu protestieren. Im August 2011 verurteilte Abteilung 1 des Revolutionsgerichts von Tabriz Shahrokh Zamani zu elf Jahren Gefängnis und Mohammad Jarahi zu fünf Jahren Haft wegen „Handlungen gegen die nationale Sicherheit durch die Bildung von oder Mitgliedschaft in Oppositionsgruppen“ und „Propaganda gegen das System“ aufgrund der friedlichen Gewerkschaftsaktivitäten. Im November 2011 bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil gegen Shahrokh Zamani.
Shahrokh Zamani wurde am 19. Oktober 2011 gegen Kaution freigelassen, trat aber am 14. Januar 2012 seine Haftstrafe im Zentralgefängnis von Tabriz an. Am 13. Oktober 2012 wurde er in das Raja’i Shahr-Gefängnis verlegt.
Die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen legen dar, dass Gefangene mit anderen Gefangenen untergebracht sein müssen, die zusammen passen.
Iran ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, der in Artikel 22 (1) darlegt: „Jedermann hat das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschliessen sowie zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und ihnen beizutreten.“ Darüber hinaus ist Iran Vertragsstaat des International Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der in Artikel 8 „das Recht der Gewerkschaften, nationale Vereinigungen oder Verbände zu gründen, sowie deren Recht, internationale Gewerkschaftsorganisationen zu bilden oder solchen beizutreten“ gewährleistet.