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Amnesty Urgent Actions
Startseite Urgent Actions 2014 04 Migrants and defenders’ safety at risk
UA 088/14
Mexiko
Abgeschlossen am 27. Mai 2014

Migrantinnen in Gefahr

AI-Index: AMR 41/016/2014

Auf MigrantInnen und Solidaritätsgruppen der MigrantInnen wurde in der Umgebung einer Herberge in Lechería im mexikanischen Bundesstaat México geschossen. Es besteht die Sorge, dass die Behörden die Bedrohung für die MigrantInnen und die mit ihnen arbeitenden Solidaritätsgruppen nicht ernst nehmen, da es bei der Untersuchung des Vorfalls und der Umsetzung wirksamer Schutzmechanismen zu Verzögerungen kam.

Am 5. April schoss ein unbekannter Mann auf eine Gruppe von acht Personen, die sich für die Rechte von MigrantInnen einsetzen, darunter Jorge Andrade und ein weiteres Mitglied des „Ihr seid wir“-Kollektivs (Colectivo Ustedes Somos Nosotros). Sie bereiteten gerade die Verteilung von Lebensmitteln, Medikamenten und Kleidung an MigrantInnen vor, die mit einem Güterzug ausserhalb von Mexiko-Stadt angekommen waren. Ein Migrant aus Mittelamerika wurde leicht verwundet, während andere beinahe verletzt worden wären. Der verletzte Migrant wurde in ein Krankenhaus gebracht, ist inzwischen jedoch wieder entlassen worden. Berichten zufolge waren die Schüsse auf die UnterstützerInnen der MigrantInnen gerichtet. Der Angreifer könnte einer örtlichen kriminellen Gruppierung angehören, die gegen MigrantInnen vorgeht. Derartige kriminelle Organisationen, die häufig im Einvernehmen mit lokalen Behörden agieren, bedrohen und schikanieren AktivistInnen, die sich für die Rechte von MigrantInnen einsetzen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Der mittelamerikanische Migrant, der durch die Kugel verletzt wurde, hat bei der Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates México Anzeige erstattet. Berichten zufolge dauerte es einige Stunden, bis die Polizei auf das Ereignis reagierte. Die im Gesetz zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen vorgesehenen Schutzmassnahmen wurden für die Solidaritätsgruppen der MigrantInnen, die im Gebiet Lechería arbeiten, noch nicht verstärkt. Jorge Andrade und andere Mitglieder des „Ihr seid wir“-Kollektivs waren bereits zuvor wegen ihrer Arbeit schikaniert worden, doch die durch das Gesetz eingeführten Schutzmassnahmen zeigen keine Wirkung. So ist ein Funkgerät, das Jorge Andrade für Notfälle zur Verfügung gestellt wurde, beispielsweise nicht funktionstüchtig, und eine in Aussicht gestellte Risikoanalyse zur Verstärkung der Sicherheitsmassnahmen ist bisher noch nicht durchgeführt worden.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen werden in Mexiko aufgrund ihrer rechtmässigen und bedeutenden Arbeit oft angegriffen, bedroht, eingeschüchtert, entführt oder getötet. Die dafür Verantwortlichen werden so gut wie nie gerichtlich belangt. Amnesty International begrüsst die Einführung des Gesetzes zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen im Jahre 2012. Allerdings haben viele der über 100 Bedrohten, die bislang auf Grundlage dieses Gesetzes um Schutzmassnahmen gebeten haben, keinen zeitnahen oder wirksamen Schutz erhalten, was zu Frustration, Unsicherheit und Entmutigung geführt hat. Entgegen der Beteuerungen der mexikanischen Regierung ist das Gesetz noch weit davon entfernt, wirksam umgesetzt zu werden, weil es an gut ausgebildetem Personal und ausreichenden finanziellen Mitteln fehlt und das Gesetz von PolitikerInnen höherer Ebenen nicht genügend unterstützt wird. Diese Mängel führen dazu, dass die Behörden sowohl auf Landes- als auch auf Regionalebene die in diesem Gesetz vorgesehenen Schutzmassnahmen oftmals nicht anwenden. Angriffe auf MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen werden meist geduldet und die dafür Verantwortlichen gehen häufig straffrei aus, da die dazu angestellten Ermittlungen oftmals unzureichend sind und von Behörden durchgeführt werden, die selbst der Beteiligung an Übergriffen verdächtigt werden. Gegen die Gewalt, deren Opfer MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen häufig werden, muss dringend umfassend vorgegangen werden, wobei die genannten Schutzmassnahmen nur ein Teil der Gesamtstrategie sein dürfen. Die mexikanische Regierung hat bisher auf das Klima anhaltender Bedrohung, der MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen in mehreren Bundesstaaten ausgesetzt sind, nicht überzeugend reagiert. 2013 nahmen die Einwanderungsbehörden Mexikos 82 269 MigrantInnen fest und 75 704 wurden abgeschoben, die grosse Mehrheit nach Guatemala, Honduras und El Salvador. Eine grössere Zahl mittelamerikanischer MigrantInnen versuchte, in die USA zu gelangen. In Mexiko erleiden viele MigrantInnen weiterhin Verstösse durch die Polizei, und andere werden Opfer gezielter Entführungen, des Menschenhandels, von Vergewaltigung und Tötungen durch kriminelle Banden, die häufig im Einvernehmen mit lokalen Behörden agieren. Reformen der Migrationsgesetzgebung, die manche Rechte von MigrantInnen, insbesondere das Recht auf Schutz und Zugang zur Justiz stärkten, wurden nicht angemessen umgesetzt. Die nationale Strategie zur Bekämpfung der Entführung von MigrantInnen zieht immer noch keine kriminellen Banden und MitarbeiterInnen von Behörden zur Verantwortung, die Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen begehen. 2011 berichtete die nationale Menschenrechtskommission von 10 000 Entführungen von MigrantInnen ohne regulären Aufenthaltsstatus durch kriminelle Banden in einem Zeitraum von nur sechs Monaten, häufig im Einvernehmen mit BehördenvertreterInnen. Die Verantwortlichen für Verschleppungen und andere Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen werden nur selten zur Rechenschaft gezogen. Die Behörden auf Bundesstaatenebene ignorieren die Misere der MigrantInnen zu grossen Teilen, und die Bundesbehörden sehen Migrantenströme zunehmend als Gefahr für die nationale Sicherheit, statt die Sicherheit von MigrantInnen auf der Durchreise zu gewährleisten. Vor kurzem reisten Mütter von MigrantInnen aus Mittelamerika auf der Suche nach ihren Kindern durch Mexiko und forderten staatliche Untersuchungen. Die nationale Menschenrechtskommission veröffentlichte kürzlich einen unbefriedigenden Bericht zu der Tötung von 72 MigrantInnen in San Fernando im Bundestaat Tamaulipas im August 2010. Das Versagen der Behörden beim Schutz des Rechts auf Leben der MigrantInnen und der umfassenden Aufklärung des Massakers war nicht Inhalt des Berichts. Er beschränkte sich auf begrenzte Aspekte des Falls im Zusammenhang mit grob fehlerhaften forensischen Untersuchungen zur Identifizierung der Opfer. Die Leichname aus anderen Massakern, von denen vielen vermutlich MigrantInnen sind, sind noch gar nicht identifiziert worden. Amnesty International veröffentlichte 2010 einen Bericht über die Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen auf der Durchreise durch Mexiko mit dem Titel „Invisible Victims: Migrants on the move in Mexico“ (http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR41/014/2010/en).

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