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FI 014/14-2
Russland
Abgeschlossen am 1. April 2014

Drei Jahre Haft für Umweltschützer

AI-Index: EUR 46/013/2014

Jewgeni Witischko muss eine dreijährige Haftstrafe in einer Strafkolonie antreten. So hat es das Regionalgericht von Krasnodar in einem Berufungsverfahren am 12. Februar entschieden. Amnesty International betrachtet den inhaftierten Umweltschützer als gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein deshalb strafrechtlich verfolgt wird, weil er Umweltschäden in der Region Krasnodar aufgedeckt hat.

Am 12. Februar hat das Regionalgericht von Krasnodar ein von Jewgeni Witischko eingelegtes Rechtsmittel gegen die gegen ihn verhängte Haftstrafe zurückgewiesen und damit die Entscheidung eines Gerichts unterer Instanz bestätigt. In dem Urteil des Regionalgerichts heiSSt es, der Umweltschützer habe gegen eine Auflage (Reisebeschränkung) verstoSSen, die ihm im Zusammenhang mit einer zur Bewährung ausgesetzten dreijährigen Freiheitsstrafe auferlegt worden war. Er müsse deshalb die drei Jahre Haft in einer Strafkolonie verbüSSen. Das ursprüngliche Urteil war nach Auffassung von Amnesty International in einem politisch motivierten und unfairen Gerichtsverfahren gegen ihn ergangen. Das Berufungsverfahren war zunächst auf den 22. Februar festgesetzt worden, wurde dann aber auf den 12. Februar vorverlegt, so dass es in den Zeitraum der 15-tägigen Haft von Jewgeni Witischko fiel, die er wegen konstruierter Anklagen im Zusammenhang mit „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ in der Stadt Tuapse verbüSSen musste. Der Umweltschützer konnte deshalb an dem Berufungsverfahren nur per Videoschaltung teilnehmen. Als Reaktion auf das Urteil kündigte Jewgeni Witischko einen Hungerstreik an.

Nachdem er seine 15-tägige Haftstrafe verbüSSt hatte, sollte Jewgeni Witischko am 18. Februar freigelassen werden und sich dann privat auf den Weg zu der Strafkolonie machen, um dort seine dreijährige Freiheitsstrafe anzutreten. Die Behörden erklärten dann jedoch, er werde nicht aus der Haft entlassen, sondern begleitet von Gefängnispersonal direkt in die Strafkolonie gebracht. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge befindet er sich derzeit auf dem Weg dorthin, das genaue Ziel ist aber nicht bekannt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Jewgeni Witischko ist Mitglied der Umweltschutzorganisation „Ökologische Wacht im Nordkaukasus“ (Ecologicheskaya Vakhta po Severnomu Kavkazu). Er und andere UmweltschützerInnen protestieren gegen die Abholzung, illegale Bebauung und rechtswidrige Einzäunungen in unter Naturschutz stehenden Gebieten in der russischen Region Krasnodar. Die Stadt Sotschi, Austragungsort der Olympischen Winterspiele, liegt in dieser Region. Jewgeni Witischko und weitere Mitglieder seiner Umweltschutzorganisation sind im Vorfeld der Olympischen Spiele immer wieder von den Behörden drangsaliert worden. So wurden sie wiederholt festgenommen, kurzfristig inhaftiert, durchsucht und verhört. Auch Familienangehörige wurden von der Polizei wiederholt verhört. Zudem haben Polizei und andere Sicherheitskräfte inoffizielle Warnungen an sie ausgesprochen, nicht während der Winterspiele zu protestieren.
Im Juni 2012 war Jewgeni Witischko in einem politisch motivierten Gerichtsverfahren der Beschädigung eines Zaunes während einer im November 2011 durchgeführten Protestaktion für schuldig befunden und zu drei Jahren Haft verurteilt worden, deren Vollstreckung für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es ging hierbei um eine rechtswidrig in einem Waldschutzgebiet errichtete Einzäunung. Jewgeni Witischko und andere UmweltschützerInnen machten geltend, dass die Einzäunungen rechtswidrig waren und dass seltene und unter Naturschutz stehende Bäume dahinter gefällt würden. Diese UmweltverstöSSe wollten sie nach eigenen Angaben dokumentieren. Die AktivistInnen hatten zuvor monatelang bei den örtlichen Behörden und auf Bundesebene Eingaben gemacht, um die VerstöSSe beenden zu lassen, aber die Behörden hatten keine Schritte in diese Richtung eingeleitet. Die UmweltschützerInnen drückten zwei Bereiche des Zaunes ein, um die Rodungen zu fotografieren, und sprühten Graffiti auf den Zaun.
Das gegen Jewgeni Witischko und seinen Mitangeklagten Suren Gazaryan eingeleitete Verfahren entsprach nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Suren Gazaryan hat Russland inzwischen verlassen und im Ausland Asyl erhalten, weil er aufgrund seines Umweltschutzengagements in seinem Heimatland verfolgt wurde. Das Gerichtsverfahren lieSS eine Reihe von grundlegenden Zweifeln an der Begründetheit des Rechtsfalls aufkommen. Zudem waren UnregelmäSSigkeiten im Verfahren zu beobachten. Einige diese UnregelmäSSigkeiten hat auch der Oberste Gerichtshof der Russischen Föderation ausdrücklich festgestellt und im Oktober 2013 entschieden, dass das Gericht unterer Instanz die RechtmäSSigkeit des errichteten Zaunes hätte klären müssen und zudem hätte nachweisen müssen, wer der rechtliche Eigentümer des Zaunes war. Die Verteidigung hatte diese Klärungen und Nachweise immer wieder gefordert. Trotz dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vertrat ein Gericht unterer Instanz die Auffassung, dass kein Grund für eine Überprüfung des Falls Jewgeni Witischko vorliege. Kurz darauf wurde Jewgeni Witischko am 20. Dezember 2013 vor Gericht gestellt. Man warf ihm vor, sich ohne Genehmigung auSSerhalb seiner Heimatstadt aufgehalten zu haben und somit gegen die Auflagen (Reisebeschränkungen) verstoSSen zu haben, die ihm im Rahmen der zur Bewährung ausgesetzten Strafe auferlegt worden waren. Der Richter entschied dann, dass Jewgeni Witischko wegen dieses VerstoSSes gegen die Auflagen seine dreijährige Haftstrafe antreten müsse.
Jewgeni Witischko wurde am 3. Februar von der Polizei festgenommen, als er ein Gebäude der Justizvollzugsbehörden verlieSS. Die PolizeibeamtInnen sollen ihm zuerst mitgeteilt haben, er werde des Diebstahls verdächtigt. Später wurde er jedoch stattdessen wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ angeklagt, weil er an einer Bushaltestelle geflucht haben soll. Er wurde noch am selben Tag einem Richter vorgeführt. Der Richter befand Jewgeni Witischko der „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ für schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 15 Tagen. Erst nachdem Jewgeni Witischko seine Strafe angetreten hatte, durfte er mit seinem Rechtsbeistand in Kontakt treten.

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