Drohende Gefängnisstrafe für Umweltaktivist
Dem russischen Umweltaktivisten Jewgeni Witischko steht eine dreijährige Haftstrafe bevor, sollte sein Berufungsverfahren scheitern. Das Gerichtsverfahren gegen ihn verlief nicht fair. Seine Rechtsbeistände vermuten, die Anklagen und das harte Urteil seien politisch motiviert.
Am 20. Dezember 2013 verhängte ein Gericht in der russischen Schwarzmeerstadt Tuapse nahe Sotschi gegen den lokalen Umweltaktivisten Jewgeni Witischko eine dreijährige Haftstrafe, weil er eine Ausgangssperre, die ihm im Zuge einer Bewährungsstrafe vom Juni 2012 aufgelegt worden war, missachtet hatte. Sein Berufungsverfahren ist für den 22. Februar 2014 angesetzt.
Jewgeni Witischko wurde ursprünglich im Juni 2012 wegen der Beschädigung eines Zaunes im November 2011 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil wurde später in eine zweijährige Bewährungsstrafe umgewandelt. Der Zaun war in einem Waldschutzgebiet in der russischen Region Krasnodar errichtet worden. Jewgeni Witischko und andere lokale UmweltaktivistInnen machten geltend, dass die Umzäunung und das auf dem umzäunten Gebiet errichtete Gebäude gesetzeswidrig seien; ihr Ziel sei es, diese Verstösse zu dokumentieren. Sie drückten den Zaun an zwei Stellen ein, um verfolgen zu können, wie seltene und unter Naturschutz stehende Bäume gefällt wurden und dahinter rechtswidrig ein Gebäude errichtet wurde. Den Zaun besprühten sie mit Graffiti.
Jewgeni Witischkos Rechtsbeiständen zufolge wurde das erste Gerichtsverfahren gegen ihn aufgrund seines aktiven Einsatzes und seiner Kritik an Umweltverstössen von den regionalen Behörden eingeleitet. Der aktuelle Versuch, ihn hinter Gitter zu bringen, ist ein Beispiel für das Bemühen der Behörden, die Zivilgesellschaft zu lähmen und AktivistInnen zum Schweigen zu bringen, die vor den Umweltschäden warnen, die im Zuge der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele in Sotschi in der Region Krasnodar angerichtet werden.
Jewgeni Witischko und der Mitangeklagte Suren Gazaryan, der sich momentan im Exil befindet, haben keinen fairen Prozess erhalten. So hat das Gericht nicht berücksichtigt, dass der Zaun illegal errichtet worden war, und das wahre Ausmass der daran verübten Schäden nicht überprüft, was zur Verurteilung der beiden Männer geführt hat. Sollte Jewgeni Witischkos Berufungsverfahren scheitern, muss er eine dreijährige Haftstrafe verbüssen.
Hintergrundinformationen
Jewgeni Witischko ist Mitglied der Umweltorganisation „Ökologische Wacht im Nordkaukasus“ (Ecologicheskaya Vakhta po Severnomu Kavkazu). Er und andere AktivistInnen protestieren aktiv gegen die Abholzung, illegale Einzäunung und Bebauung von Waldschutzgebieten in der russischen Region Krasnodar. Die Stadt Sotschi, Austragungsort der nächsten Olympischen Winterspiele, liegt in Krasnodar.
Die AktivistInnen beschwerten sich schon früher bei mehreren Regierungsorganen über die rechtswidrigen Umzäunungen, jedoch ohne Erfolg. In einem der offiziellen Bescheide wurde die Existenz des betreffenden Zaunes sogar gänzlich geleugnet. Am 13. November 2011 versuchten die AktivistInnen, sich Zutritt zu dem Grundstück zu verschaffen, um die Verstösse zu dokumentieren. Während dieser Aktion besprühten einige der AktivistInnen den Zaun mit Graffiti, woran Jewgeni Witischko sich jedoch nicht beteiligte. Er war allerdings einer der AktivistInnen, die den Zaun eindrückten, um Aufnahmen von den illegalen Rodungen geschützter Baumarten und dem Gebäude dahinter machen zu können.
Laut Jewgeni Witischkos Rechtsbeiständen lässt das Gerichtsverfahren eine Reihe von grundlegenden Zweifeln an der Begründetheit des Rechtsfalls aufkommen. Zudem waren Unregelmässigkeiten im Verfahren zu beobachten. Dennoch ist das Urteil von Gerichten höherer Instanzen bestätigt worden. Der Oberste Gerichtshof hob jedoch im Oktober 2013 die Entscheidung der Vorinstanz, eine Berufung nicht zuzulassen, auf, und unterstützte das Argument von Jewgeni Witischkos Rechtsbeiständen, dass das vorinstanzliche Gericht die Rechtmässigkeit des errichteten Zaunes hätte klären müssen. Zudem wurde von dem vorinstanzlichen Gericht nicht nachgewiesen, dass die Gegenseite tatsächlich die geschädigte Partei war und dass Jewgeni Witischko bei den ihm zur Last gelegten Verstössen in krimineller Absicht gehandelt hatte.
Trotz der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs und während die Verfahrensprüfung noch anhängig war, kam das vorinstanzliche Gericht in Tuapse am 20. Dezember 2013 zu dem Urteil, dass Jewgeni Witischko in drei Fällen die ihm im Rahmen seiner Bewährungsstrafe auferlegte Ausgangssperre missachtet habe und er seine ursprünglich verhängte dreijährige Gefängnisstrafe verbüssen müsse. Jewgeni Witischkos Rechtsbeistände haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Die Anhörung soll für den 22. Februar 2014 anberaumt sein, wobei weder Jewgeni Witischko noch seine Rechtsbeistände bisher von dem Datum ordnungsgemäss in Kenntnis gesetzt worden sind. Sollte das Urteil bestätigt werden, muss Jewgeni Witischko nach einem mutmasslich unfairen Gerichtsverfahren aufgrund seiner Umweltschutzaktivitäten ins Gefängnis.