Benutzerspezifische Werkzeuge
Amnesty Urgent Actions
Startseite Urgent Actions 2014 01 Two Gambian journalists unlawfully detained Gambian journalists still facing charges
FI 010/14-2
Gambia
Abgeschlossen am 28. März 2014

Zwei Journalisten weiterhin vor Gericht

AI-Index: AFR 27/003/2014

Die gambischen Journalisten Musa Sheriff und Sainey M.K. Marenah müssen sich noch immer vor Gericht verantworten. Ihre Anklagepunkte sind zu «Verabredung zu einem Vergehen» und «Veröffentlichung falscher Nachrichten» abgeändert worden. Die beiden Journalisten plädieren auf nicht schuldig. Sie sind aufgrund ihrer journalistischen Arbeit und der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäusserung ins Visier genommen worden.

Am 13. Februar wurden Musa Sheriff und Sainey M.K. Marenah zum vierten Mal seit ihrer Festnahme dem Gericht von Banjul vorgeführt. Ihre Anklagen wurden abgeändert von „Veröffentlichung falscher Nachrichten mit der Absicht, die Öffentlichkeit zu ängstigen und zu beunruhigen“ und „Verabredung zu einer Straftat“ zu „Veröffentlichung falscher Nachrichten“ und „Verabredung zu einem Vergehen“. Falls sie schuldig gesprochen werden, drohen ihnen Haftstrafen von bis zu zwei Jahren und Geldstrafen von jeweils 250.000 Dalasi (ca. 4.800 Euro). Auf die für diesen Fall herangezogenen, umstrittenen Paragraphen des gambischen Strafgesetzbuchs stehen Gefängnisstrafen von bis zu zwei Jahren. Sie werden oft dazu verwendet, gegen JournalistInnen vorzugehen, die ihr Recht auf freie Meinungsäusserung wahrnehmen. Die nächste Verhandlung ist für den 19. Februar angesetzt.

Aus journalistischen Kreisen wird berichtet, dass die Familienangehörigen der beiden Männer durch die Verzögerungen im Gerichtsverfahren und die wiederholten Abänderungen der Anklagepunkte sehr mitgenommen seien.

Musa Sheriff und Sainey M.K. Marenah waren am 13. Januar in Serekunda festgenommen worden. Die Festnahme stand in Verbindung mit einem am 9. Dezember 2013 in der gambischen Zeitung The Voice veröffentlichten Artikel, in dem vom Übertritt mehrerer jugendlicher AnhängerInnen vom Regierungsbündnis Allianz für patriotische Neuausrichtung und Aufbau (Alliance for Patriotic Reorientation and Construction – APRC) zur oppositionellen Vereinigten Demokratischen Partei (United Democratic Party – UDP) berichtet wurde. Die APRC bestritt den Inhalt dieses Berichts, woraufhin The Voice eine Gegendarstellung veröffentlichte. Amnesty International betrachtete Musa Sheriff und Sainey M.K. Marenah als gewaltlose politische Gefangene. Die beiden Männer kamen am 16. Januar auf Kaution frei.

Hintergrundinformationen

JournalistInnen, MenschenrechtsaktivistInnen und Oppositionelle werden in Gambia regelmässig Opfer von Menschenrechtsverletzungen wie rechtswidrigen Festnahmen und Inhaftierungen, Folter, unfairen Gerichtsverfahren, Drangsalierung, Angriffen und Morddrohungen, was ihre Arbeit extrem behindert.
Im April 2013 hat die Nationalversammlung von Gambia einstimmig eine Gesetzesänderung im Strafgesetzbuch (Criminal Code (Amendment) Act, 2013, auch bekannt als „Principal Act“) verabschiedet, welche die Anzahl der Handlungen, die als Straftaten gelten, erhöht. Vergehen wie öffentliche Unruhestiftung (z. B. das „Rufen von Beleidigungen“ oder das „Singen von beleidigenden Liedern“) oder falsche Aussagen gegenüber Beamten werden härter bestraft. Ausserdem kriminalisiert das neue Gesetz Menschen, die ihre Persönlichkeit oder Einstellung durch die Wahl ihrer Kleidung ausdrücken. Die im Principal Act enthaltenen Begriffsbestimmungen sind dabei sehr vage, was den Gerichten die Freiheit gibt, das Gesetz so auszulegen und anzuwenden, dass gegen internationale Menschenrechtsstandards verstossen wird.
Im Juli 2013 hat die gambische Regierung zudem ein Gesetz verabschiedet, welches das Recht auf Meinungsäusserung im Internet einschränkt. Dabei war das Internet einer der wenigen Orte, an denen Andersdenkende sich noch öffentlich äussern konnten. Dieses sogenannte „Informations- und Kommunikationsgesetz“ (Information and Communication (Amendment) Act 2013) ermöglicht es der Regierung, gegen Personen, die RegierungsbeamtInnen im Internet kritisieren, Haftstrafen von bis zu 15 Jahren und hohe Geldstrafen zu verhängen. Das Gesetz richtet sich gegen Menschen, die „falsche Nachrichten“ über die Regierung oder BeamtInnen verbreiten, BeamtInnen karikieren oder sich abfällig über diese äussern, sowie gegen Menschen, die Unzufriedenheit schüren oder zu Gewalt gegen die Regierung aufrufen.
Im Oktober und November 2012 erhielten die beiden Journalisten Abubacarr Saidykhan und Baboucarr Ceesay eine Reihe von Morddrohungen, die, wie sie glauben, mit ihrer journalistischen Arbeit und mit ihren Versuchen, Missstände auf friedliche Art aufzudecken, zusammenhängen. Am 13. November etwa um Mitternacht unterhielt sich Abubacarr Saidykhan nach eigenen Angaben in der Stadt Ebo Town in der Nähe ihres Grundstückstors gerade mit seinem Bruder, als ein schwarzes Auto ohne Nummernschild vorfuhr. Einer der vier Insassen schrie: „Wir haben dir gesagt, dass wir ohne Ankündigung kommen werden. Wir haben gehört, dass du ein wirklich sturer Journalist bist. Das nächste Mal wenn wir dich sehen, werden unsere Patrioten dir den Schädel einschlagen. Ignorier nur ruhig weiter unsere Warnungen.“ Davor hatten beide Journalisten am 25. Oktober 2012 eine Morddrohung per E-Mail erhalten, in der stand: „Entweder Ihr wählt das Leben, oder den Tod (…) Ihr wollt das öffentliche Bild der APRC-Regierung und unseres Präsidenten zerstören (…) Ihr werdet mich und meine Gruppe von patriotischen Killern schon noch kennenlernen…“
Im Juli 2006 wurde der Journalist Ebrima Manneh Opfer des Verschwindenlassens. Er wurde festgenommen, weil er versucht haben soll, regierungskritische Artikel zu veröffentlichen. Sein Verbleib ist noch immer unbekannt. 2008 erklärte das Gericht der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS die Inhaftierung von Ebrima Manneh für rechtswidrig und forderte die gambische Regierung auf, den Journalisten freizulassen und finanziell zu entschädigen. Das Urteil des ECOWAS-Gerichts wurde jedoch bis heute nicht umgesetzt.
Im Dezember 2004 wurde Deyda Hydara, der ehemalige Vorsitzende der Gewerkschaft für Medienschaffende (Gambia Press Union – GPU) und Redakteur bei der Zeitung The Point, erschossen. Er befand sich zur Tatzeit in seinem Auto auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Am Tag seines Todes feierte The Point ihr 13-jähriges Bestehen. Drei Tage zuvor war ein umstrittenes Mediengesetz verabschiedet worden, gegen das sich Deyda Hydara vehement ausgesprochen hatte. Es sind bisher weder Untersuchungen durchgeführt noch die Verantwortlichen vor Gericht gestellt worden.

 

5 Briefe verschickt  
My Urgent Actions
Fürs Mitzählen lassen Ihres Briefes und Update-Funktion zu nutzen müssen Sie sich
einloggen oder
anmelden
Downloads
UA 010/14-2 english
Microsoft Word Document, 63.5 kB
UA 010/14-2 français
Microsoft Word Document, 63.5 kB
UA 010/14-2 deutsch
Microsoft Word Document, 67.5 kB
Aktionsabfolge