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UA 343/13
Bahrain
Abgeschlossen am 31. Januar 2014

Jugendliche wegen «Unruhestiftens» inhaftiert

AI-Index: MDE 11/059/2013

Die zwei bahrainischen Jungen Jehad Nabeel al-Samee’ und ‘Abdullah Yousif al-Bahraini werden zu Ermittlungszwecken in einer Jugendstrafanstalt festgehalten. Am 18. Dezember wurden sie unter dem Vorwurf «Bewerfen einer Polizeistreife mit Steinen» und «illegale Versammlung und Unruhestiftung» der Staatsanwaltschaft für jugendliche StraftäterInnen vorgeführt.

Die beiden zehn- und dreizehnjährigen Jungen Jehad Nabeel al-Samee’ und ‘Abdullah Yousif al-Bahraini wurden am 16. Dezember bei einem Protestmarsch von Angehörigen der Bereitschaftspolizei in Jid Hafs in unmittelbarer Nähe der Hauptstadt Manama festgenommen. Die beiden Jungen kannten sich bis dahin nicht. Die Polizei brachte sie gegen 16 Uhr auf die Wache al-Khamis und beschuldigte sie, Steine auf eine Polizeistreife geworfen zu haben. Die beiden Jungen wurden in derselben Nacht freigelassen und den Eltern sagte man, sie sollten sie am 18. Dezember wieder zur Polizeiwache bringen. Von dort werde man sie zur Staatsanwaltschaft für jugendliche StraftäterInnen bringen.

Am 18. Dezember befragte die Staatsanwaltschaft die beiden Jungen und ordnete wegen laufender Ermittlungen sieben Tage Haft an. Obwohl ein Rechtsbeistand zugegen war, verstand Jehad Nabeel al-Samee nicht, was man ihm sagte. Er gab zu, an der Demonstration teilgenommen und gesehen zu haben, dass ‘Abdullah Yousif al-Bahraini eine Maske getragen und Steine geworfen habe, doch er bestritt, selbst welche geworfen zu haben. ‘Abdullah Yousif al-Bahraini berichtete, dass er in den Nacken geschlagen worden sei und man ihn mit Elektroschocks bedroht und gezwungen habe, ein Geständnis zu unterschreiben. Er bestritt, an der Demonstration teilgenommen, sein Gesicht maskiert und Steine auf die Polizei geworfen zu haben. Der Jugendrichter ordnete wegen laufender Ermittlungen sieben Tage Haft an. Beiden Jungen drohen Anklagen wegen „unerlaubter Versammlung und Unruhestiftung“ und „Bewerfen einer Polizeistreife mit Steinen“. Der nächste Termin mit der Jugendstaatsanwaltschaft ist auf den 26. Dezember festgesetzt.

Der Vater von Jehad Nabeel al-Samee konnte ihn am 19. Dezember fünf Minuten lang besuchen und berichtete, dass sein Sohn grosse Angst habe und zittere. ‘Abdullah Yousif al-Bahraini brachte man zu einem Gerichtsmediziner, nachdem er den Vorwurf erhoben hatte, geschlagen worden zu sein.

Hintergrundinformationen

In den vergangenen zwei Jahren sind im Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten gegen die Regierung in Bahrain zahlreiche Minderjährige festgenommen worden. Sie werden der „unerlaubten Versammlung“, des Unruhestiftens, Verbrennens von Reifen oder Werfens von Molotowcocktails auf Polizeistreifen verdächtigt. Einige sind inzwischen wieder freigelassen worden, aber zahlreiche werden derzeit vor Gericht gestellt oder werden mit der Begründung laufender Ermittlungen ohne Gerichtsverfahren festgehalten. In einer Reihe von Fällen sind die Minderjährigen nach vorliegenden Informationen gefoltert oder in anderer Weise dazu gezwungen worden, „Geständnisse“ zu unterzeichnen. Die Geständnisse werden dazu benutzt, sie und andere vor Gericht zu belasten.
Die bahrainische Gesetzgebung zu Minderjährigen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, verstösst gegen die internationalen Standards der Jugendgerichtsbarkeit. Artikel 4 des Kindesrechts von 2012 definiert Minderjährige als Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Straffällige Minderjährige, die 15 Jahre alt sind, werden jedoch als Erwachsene behandelt. Im bahrainischen Jugendstrafrecht von 1976 gilt als minderjährig, wer nicht älter als 15 Jahre ist, doch laut UN-Kinderrechtskonvention, die Bahrain 1992 ratifiziert hat, ist jede Person unter 18 Jahren minderjährig. Artikel 32 des bahrainischen Strafgesetzbuchs legt als Strafmündigkeit ein Mindestalter von 15 Jahren fest, doch in der Realität liegt die Strafmündigkeit in Bahrain bei sieben Jahren. Dies ist verglichen mit international anerkannten Standards extrem jung. Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches und des Antiterrorgesetzes von 2006 gelten für alle Personen, die in Verbindung mit den regierungskritischen Protesten festgenommen wurden. Minderjährige unter 15 Jahren werden von Jugendgerichten gemäss des Jugendstrafrechts bestraft: mit bis zu zehn Jahren Haft bei schweren Straftaten, bis zu fünf Jahren Gefängnis bei geringfügigen Vergehen, und einer höchstens dreijährigen Freiheitsstrafe bei „Verhaltensproblemen“.
Als Reaktion auf Empfehlungen des bahrainischen Parlaments vom Juli 2013 erliess der König einige Dekrete, die noch zusätzlich dazu beitragen Dissens zu unterdrücken und die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken. Die Dekrete verschärfen die im Antiterrorgesetz von 2006 festgelegten Strafen und verbieten auf unbestimmte Zeit alle Demonstrationen, Sitzstreiks, Protestmärsche und öffentlichen Versammlungen in der Hauptstadt Manama. Manche der in diesen Dekreten enthaltenen Bestimmungen verletzen auch bestimmte Kinderrechte wie z. B. das Recht von Minderjährigen auf Versammlungsfreiheit.
Fast drei Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft – darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Die Rechte auf freie Meinungsäusserung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Personen gekommen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäussert haben. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung unterzuordnen, als wirksame Rechtsmittel für BahrainerInnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.
Am 12. September verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Bahrain gefordert wird. Neben weiteren Empfehlungen appelliert die Resolution an die bahrainische Regierung, die Rechte von Jugendlichen zu respektieren, sie nicht in Hafteinrichtungen für Erwachsene festzuhalten und allgemein alle Jugendlichen in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes zu behandeln, dessen Vertragsstaat Bahrain ist. In einer gemeinsamen Erklärung an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte vom 9. September zur Menschenrechtslage in Bahrain, die 47 Staaten unterzeichnet haben, äusserten diese im Rahmen der 25. Tagung des UN-Menschenrechtsrates ihre Besorgnis über die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen in Bahrain.
Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Children in a maze of injustice vom 16. Dezember, online unter: http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/057/2013/en.

 

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