Paramilitärs bedrohen Vertriebene
Bewaffnete Personen, bei denen es sich um Paramilitärs gehandelt haben soll, haben in den vergangenen Tagen SprecherInnen von vertriebenen Familien bedroht. Auf mehrere der SprecherInnen wurde auch geschossen. Die betroffenen Familien waren 1996 von der Farm Hacienda Bellacruz vertrieben worden und fordern nun, auf ihr Siedlungsgebiet zurückkehren zu können.
Am 20. August tauchten drei bewaffnete Männer am Haus des Gemeindesprechers Elker León Cataño im Verwaltungsbezirk San Alberto im Departamento Cesar auf und wollten ihn sprechen. Elker León Cataño gelang es, unbemerkt das Haus zu verlassen. Er ist der Sprecher von Familien, die 1996 durch paramilitärische Einheiten, die mit den Streitkräften zusammen operierten, von der Grossgrundbesitzerfarm Hacienda Bellacruz vertrieben worden waren. Elker León Cataño ist ausserdem Mitglied der Vertriebenenorganisation Asociación Colombiana Horizonte de Población Desplazada (ASOCOL).
Drei weitere führende Mitglieder von ASOCOL – Fredy Antonio Rodríguez Corrales, Lidia Liliana Vásquez Pacheco und José de la Cruz Trujillo – kehrten am 14. August aus Valledupar, der Hauptstadt des Departamentos, zurück, als sich ihrem Fahrzeug in Bucaramanga im Departamento Santander ein Wagen in den Weg stellte. Drei Männer stiegen aus dem Wagen aus und eröffneten das Feuer auf die ASOCOL-Mitglieder. Sie konnten jedoch entkommen. Die ASOCOL-Mitglieder hatten gerade im Büro der Menschenrechtsombudsperson in Valledupar eine Beschwerde über Drohungen von Paramilitärs eingereicht. Fredy Antonio Rodríguez Corrales rief seinen Bruder Armando Rodríguez Corrales, der ebenfalls ein Sprecher von ASOCOL ist, noch am Abend an und erzählte ihm von dem Überfall. Armando Rodríguez Corrales bat daraufhin seine Leibwächter nachzusehen, ob rund um sein Haus alles in Ordnung sei. In seinem Haus im Verwaltungsbezirk Aguachica im Departamento Cesar befindet sich auch das ASOCOL-Büro. Als die Leibwächter die Sicherheitslage überprüften, fielen ihnen zwei Männer auf, die das Gebäude beschatteten. Die Angriffe und Drohungen gegen SprecherInnen und Familien der von der Farm Hacienda Bellacruz Vertriebenen stehen offenbar im Zusammenhang mit einer Entscheidung der Behörden des Departamento vom April 2013, die als wichtiger Schritt hin zur Landrückgabe an die Familien gesehen werden könnte.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Zwischen Februar und März 1996 vertrieben Paramilitärs mit Unterstützung der Sicherheitskräfte 287 kleinbäuerliche Familien von Siedlungsgebieten auf der Farm Hacienda Bellacruz, die die Familien besetzt hatten. Die Paramilitärs brannten Häuser nieder, folterten die BewohnerInnen und drohten damit, sie zu töten, falls sie es wagen sollten, auf die Farm zurückzukehren. Obwohl in der Region zahlreiche Polizei- und Militäreinheiten stationiert waren, griffen diese nicht ein, um das Vorgehen der Paramilitärs zu stoppen bzw. die Verantwortlichen auf dem Gelände der Farm oder der Umgebung festzunehmen. Seitdem sind viele Angehörige der kleinbäuerlichen Gemeinschaften und einige ihrer UnterstützerInnen dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen, wurden bedroht oder sind getötet worden.
Zu den Vertreibungen von 1996 kam es, nachdem das Unternehmen Marulanda Ramírez Ltd., welches der Familie des ehemaligen kolumbianischen Ministers und Botschafters bei der EU, Carlos Arturo Marulanda, gehört, ein Gerichtsverfahren verloren hatte, in dem das Unternehmen Land zurückgefordert hatte, das von kleinbäuerlichen Gemeinschaften auf der Farm Hacienda Bellacruz besiedelt worden war.
Teile der Hacienda Bellacruz wurden später an ein anderes Unternehmen verkauft, das Anspruch auf das Stück Land erhob, das von den vertriebenen Familien als ihr Eigentum betrachtet wird. Auf zumindest einem Teil des Grundstücks, auf das die Familien Anspruch erheben, sind afrikanische Ölpalmen gepflanzt worden. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge sind die Ölpalmen dort gepflanzt worden, um die Landrückgabe an die Familien zu erschweren. Im April 2013 hat das Kolumbianische Institut für Ländliche Entwicklung (Instituto Colombiano de Desarrollo Rural – INCODER) entschieden, dass ein Teil des Landes offiziell nicht landwirtschaftlich genutzt wird, was ein erster Schritt in Richtung der Landrückgabe an die vertriebenen Familien sein könnte. Die Organisation ASOCOL wurde von einigen der kleinbäuerlichen Familien gegründet, die von der Hacienda Bellacruz vertrieben worden waren.