Minderjähriger inhaftiert und in Foltergefahr
Der 13-jährige Salman Mahdi Salman wurde am 11. August festgenommen, und die Staatsanwaltschaft verlängerte seine Haftanordnung am 21. August um weitere sieben Tage. Er befindet sich zwar in einer Jugendstrafanstalt, dennoch drohen ihm Folter und andere Misshandlungen.
Salman Mahdi Salman wurde am 11. August um etwa 17.00 Uhr nahe eines Einkaufszentrums in der al Budaiya’-Strasse im Westen der Hauptstadt Manama festgenommen. Einem Augenzeugen zufolge war Salman Mahdi Salman alleine unterwegs, als er von Sicherheitskräften eingekreist und festgenommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war dort keine Demonstration im Gange. Salman Mahdi Salman wurde auf die Polizeiwache von al-Budaiya’ gebracht und am 12. August um 1.00 Uhr morgens freigelassen. Am selben Tag kontaktierte die Polizei die Familie von Salman Mahdi Salman und forderte sie auf, ihn für weitere Befragungen auf die Polizeiwache zu bringen. Die Familie kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach, woraufhin die Polizei den Onkel von Salman Mahdi Salman kontaktierte und damit drohte, eine Razzia im Haus der Familie durchzuführen und den Jungen festzunehmen. Am nächsten Tag brachte die Familie Salman Mahdi Salman auf die Polizeiwache. Die Jugendstaatsanwaltschaft ordnete eine siebentägige Untersuchungshaft an, und diese Haftanordnung wurde am 21. August um weitere sieben Tage verlängert.
Salman Mahdi Salman befindet sich in einer Jugendstrafanstalt, und seine Familie konnte ihn am 18. August besuchen. Bei diesem Besuch berichtete er seinen Angehörigen, dass man ihn während der Befragung ins Gesicht geschlagen habe, um ihn dazu zu bringen, zu „gestehen“, dass er zum Zeitpunkt der Festnahme maskiert gewesen sei und einen Molotowcocktail und ein Feuerzeug bei sich gehabt habe.
Hintergrundinformationen
Die bahrainischen Behörden haben öffentlich ihre Absicht verkündet, Reformen einzuführen und Lehren aus den Vorfällen vom Februar und März 2011 zu ziehen, als sie brutal gegen regierungskritische Protestierende vorgegangen waren. Im November 2011 legte die Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry – BICI) einen Bericht vor, aus dem hervorging, dass die Behörden straffrei schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Personen, die sich gegen die Herrschaft der Al-Khalifa-Familie aussprechen, werden trotz gegenteiliger Behauptungen der Behörden nach wie vor ins Visier genommen.
Angesichts der aktuellen Gewaltzunahme und der geplanten Durchführung von Grossdemonstrationen durch die Opposition traf sich das Parlament von Bahrain am 28. Juli zu einer ausserordentlichen Sitzung und legte dem König von Bahrain, Scheich Hamad bin 'Issa Al Khalifah, anschliessend 22 Empfehlungen vor. Diese sehen eine Verschärfung der im Antiterrorgesetz von 2006 festgelegten Strafen vor. Am 29. Juli wurden die Empfehlungen vom König gebilligt, der seinen Premierminister daraufhin anwies, ihre umgehende Umsetzung durch die Regierung zu gewährleisten. Nach Artikel 38 der Verfassung von Bahrain ist der König befugt, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen, wenn sich das Parlament in den Ferien befindet. Unter diesen Umständen bereitet die Regierung die Gesetzesänderungen vor, die dann vom König ratifiziert werden.
Am 6. August erliess der König zwei Notverordnungen. Einer dieser Erlasse ändert das Gesetz über öffentliche Versammlungen und Demonstrationen aus dem Jahre 1973 und verbietet Demonstrationen, Sitzstreiks, Pro-testmärsche und öffentliche Versammlungen in der Hauptstadt Manama. Das Jugendschutzgesetz aus dem Jahre 1976 wurde ebenfalls reformiert. Darin steht nun, dass die Eltern von Jugendlichen unter 16 Jahren eine schriftliche Verwarnung des Innenministeriums erhalten, wenn die Jugendlichen an Demonstrationen, öffentlichen Versammlungen oder Sitzstreiks teilnehmen. Sollte der oder die Jugendliche sechs Monate nach der Verwarnung erneut bei einer Demonstration gesehen werden, drohen dem Vater eine Geld- oder Gefängnisstrafe oder beides. Amnesty International befürchtet, dass diese drakonischen Massnahmen dazu dienen, hart gegen regierungskritische Demonstrationen vorzugehen, wie es bereits am 14. August der Fall war.
In Artikel 15 der Kinderrechtskonvention (KRK), deren Vertragsstaat Bahrain ist, heisst es: „(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes an, sich frei mit anderen zusammenzuschliessen und sich friedlich zu versammeln. (2) Die Ausübung dieses Rechts darf keinen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), zum Schutz der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sittlichkeit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.“
Artikel 37 der KRK legt zudem Folgendes fest: „Die Vertragsstaaten stellen sicher, b) dass keinem Kind die Freiheit rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird. Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden; d) dass jedes Kind, dem die Freiheit entzogen ist, das Recht auf umgehenden Zugang zu einem rechtskundigen oder anderen geeigneten Beistand und das Recht hat, die Rechtmässigkeit der Freiheitsentziehung bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Behörde anzufechten, sowie das Recht auf alsbaldige Entscheidung in einem solchen Verfahren.“
In Artikel 40 (2) a) heisst es weiter, dass Vertragsstaaten sicherzustellen haben, „dass kein Kind wegen Handlungen oder Unterlassungen, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem Recht oder Völkerrecht nicht verboten waren, der Verletzung der Strafgesetze verdächtigt, beschuldigt oder überführt wird“. Nach Artikel 40 (2) b) müssen Vertragsstaaten zudem dafür sorgen, „dass jedes Kind, das einer Verletzung der Strafgesetze verdächtigt oder beschuldigt wird, Anspruch auf folgende Mindestgarantien hat: [...] ii) unverzüglich und unmittelbar über die gegen das Kind erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden, gegebenenfalls durch seine Eltern oder seinen Vormund, und einen rechtskundigen oder anderen geeigneten Beistand zur Vorbereitung und Wahrnehmung seiner Verteidigung zu erhalten, [...] iv) nicht gezwungen zu werden, als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen, sowie die Belastungszeugen zu befragen oder befragen zu lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter gleichen Bedingungen zu erwirken“.