Formel-1-Demonstrantinnen erheben Foltervorwürfe
Nafeesa al-‘Asfoor und Rayhana al-Mousawi sind ihren Angaben zufolge in der Haft gefoltert worden. Nafeesa al-‘Asfoor wird zudem die notwendige medizinische Behandlung verweigert. Die beiden Frauen waren am 20. April festgenommen worden, als sie anlässlich des Grand Prix nahe der Formel-1-Rennstrecke friedlich protestierten. Beide sollen bald vor Gericht gestellt werden.
Nafeesa al-‘Asfoor und Rayhana al-Mousawi wurden am 20. April nahe der Formel-1-Rennstrecke in Manama festgenommen, als sie an einer Protestveranstaltung gegen die Inhaftierung bekannter politischer AktivistInnen wie Zainab Al-Khawaja teilnahmen. Beide Frauen berichteten ihren Familien, dass sie bei den Verhören gefoltert bzw. in anderer Weise misshandelt wurden. Sie mussten „Geständnisse“ zu unterschreiben, die sie später bei der Befragung durch die Staatsanwaltschaft widerrufen haben. Beide werden des „Versuchs einen Sprengkörper an der Rennstrecke zu deponieren“ und der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ beschuldigt. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft in ihrem Fall. Gegen Rayhana al-Mousawi ist noch ein weiteres Gerichtsverfahren anhängig. Dieser Fall ist als „Koalition 14. Februar“ bekannt. Am ersten Verhandlungstag Anfang Juli sagte Rayhana al-Mousawi vor Gericht aus, dass sie gefoltert worden sei und man ihr mit Vergewaltigung gedroht habe. Das Verfahren ist auf September verschoben worden. Nafeesa al-‘Asfoor und Rayhana al-Mousawi werden in einem Frauengefängnis in ‘Issa-Town südwestlich der Hauptstadt Manama festgehalten.
Nafeesa al-‘Asfoor wird die angemessene medizinische Versorgung verweigert, obwohl sie verdächtige Knoten in der Brust hat und an weiteren Krankheiten leidet, darunter Migräne, die die regelmässige Einnahme von Medikamenten erfordern. Ihre Familie hat wiederholt darum gebeten, dass die Gefängnisverwaltung sie zur Behandlung in das Krankenhaus Salmaniya verlegt. Ihr wurden lediglich Voruntersuchungen im Militärkrankenhaus der bahrainischen Streitkräfte gewährt. Über deren Ergebnisse ist Nafeesa al-‘Asfoor bislang aber nicht informiert worden.
Hintergrundinformationen
Die „Koalition 14. Februar“ ist eine Bewegung mehrerer bahrainischer Jugendgruppen, die nach dem Tag benannt wurde, an dem 2011 die Unruhen begannen und von nicht namentlich bekannten Menschen getragen wird, die Proteste überwiegend über soziale Medien im Internet organisieren.
Im Vorfeld des Formel-1-Rennens in Bahrain im April 2013 nahmen die Zusammenstösse zwischen Protestierenden und den Sicherheitskräften zu und setzten sich auch während der Veranstaltung fort. Es kam zu zahlreichen Festnahmen. Am 24. April sagte die Regierung Bahrains einen geplanten Besuch des UN-Sonderberichterstatters über Folter zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ab. Mehr als zwei Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft – darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Ihre Rechte auf freie Meinungsäusserung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Personen gekommen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäussert haben. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung anzupassen, als wirksame Rechtsmittel für BahrainerInnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.
Angesichts der aktuellen Gewaltzunahme und der geplanten Durchführung von Grossdemonstrationen durch die Opposition traf sich das Parlament von Bahrain am 28. Juli zu einer ausserordentlichen Sitzung und legte dem König von Bahrain, Scheich Hamad bin 'Issa Al Khalifah, anschliessend 22 Empfehlungen vor. Diese sehen eine Verschärfung der im Antiterrorgesetz von 2006 festgelegten Strafen vor. Am 29. Juli wurden die Empfehlungen vom König gebilligt, der seinen Premierminister daraufhin anwies, ihre umgehende Umsetzung durch die Regierung zu gewährleisten. Nach Artikel 38 der Verfassung von Bahrain ist der König befugt, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen, wenn sich das Parlament in den Ferien befindet. Unter diesen Umständen bereitet die Regierung die Gesetzesänderungen vor, die dann vom König ratifiziert werden.
Am 6. August erliess der König zwei Notverordnungen. Einer dieser Erlasse ändert das Gesetz über öffentliche Versammlungen und Demonstrationen aus dem Jahre 1973 und verbietet Demonstrationen, Sitzstreiks, Protestmärsche und öffentliche Versammlungen in der Hauptstadt Manama. Das Jugendschutzgesetz aus dem Jahre 1976 wurde ebenfalls reformiert. Darin steht nun, dass die Eltern von Jugendlichen unter 16 Jahren eine schriftliche Verwarnung des Innenministeriums erhalten, wenn die Jugendlichen an Demonstrationen, öffentlichen Versammlungen oder Sitzstreiks teilnehmen. Sollte der oder die Jugendliche sechs Monate nach der Verwarnung erneut bei einer Demonstration gesehen werden, drohen dem Vater eine Geld- oder Gefängnisstrafe oder beides. Amnesty International befürchtet, dass diese drakonischen Massnahmen dazu dienen, hart gegen Anti-Regierungsdemonstrationen vorzugehen, wie es bereits am 14. August der Fall war.