Aktivistin inhaftiert
Die zweifache Mutter Seddiqa al-Basri ist seit dem 14. August inhaftiert. Drei weitere Frauen und ein Mädchen waren gemeinsam mit ihr festgenommen worden, wurden aber kurz darauf freigelassen. Seddiqa al-Basri ist möglicherweise eine gewaltlose politische Gefangene und befindet sich in Gefahr, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.
Am 14. August gegen 15 Uhr wurden Seddiqa al-Basri und drei weitere Frauen sowie ein 14-jähriges Mädchen festgenommen, als sie versuchten, sich einer Demonstration gegen die Regierung an der Sayf-Kreuzung in der Hauptstadt Manama anzuschliessen. Seddiqa al-Basri sass am Steuer des Autos, in dem die Frauen fuhren, als sie von der Polizei angehalten wurden. Die Frauen wurden mit Gewalt aus dem Auto gezerrt und anschliessend in einem Polizeifahrzeug zur Polizeiwache al-Hurra in der Hauptstadt gebracht. Dort vernahm sie die Polizei mehrere Stunden lang. Am 15. August ungefähr um 1 Uhr morgens kamen die drei Frauen Tayyiba Derwish ‘Issa, Sharifa Sayyid Sa’eed Mahdi, eine weitere Frau, deren Name nicht bekannt ist, und die 14-jährige ‘Adhra’ Mohammad wieder frei. Etwa zur selben Zeit wurde Seddiqa al-Basri in eine Frauenhaftanstalt in Madinat Isa, südwestlich von Manama, überführt.
Am 15. August wurde Seddiqa al-Basri im Büro der Staatsanwaltschaft (Public Prosecution Office - PPO) in Gegenwart ihres Rechtsbeistands vernommen. Ihr Rechtsbeistand hatte eine Genehmigung beantragt, bei der Vernehmung von Seddiqa al-Basri und der vier Frauen in der Polizeiwache anwesend sein zu dürfen. Der Antrag wurde vom PPO jedoch abgelehnt. Seddiqa al-Basri wurde vom PPO „des Versuchs, zwei Polizeibeamtinnen zu überfahren“ angeklagt. Sie bestreitet dies jedoch. Seddiqa al-Basri war 2013 bereits sechs Monate lang vom 28. Januar bis zum 17. Juli inhaftiert, nachdem sie schuldig gesprochen worden war, „die Gefühle eines Polizeibeamten verletzt zu haben“, sowie wegen „öffentlicher Versammlung“. Bei ihrer ersten Vernehmung wegen des vorangegangenen Zwischenfalls wurde sie Berichten zufolge gefoltert.
Hintergrundinformationen
Am 14. August fanden in zahlreichen schiitischen Dörfern in Bahrain Anti-Regierungsdemonstrationen statt. Demonstrierende planten einen Protestmarsch nach Manama, wurden aber von PolizeibeamtInnen durch Tränengas, und in einigen Fällen sogar durch die Errichtung von Stacheldrahtabsperrungen um die Dörfer herum, davon abgehalten. Mindestens 18 Personen sind festgenommen worden. Die Tamarod-Bewegung, die sich aus Jugendgruppen zusammensetzt, prangerte bei den Anti-Regierungsdemonstrationen vom 14. August die Unterdrückung durch die Regierung an und forderte wirkliche politische Reformen. Andere Oppositionsvereinigungen hatten ebenfalls eine Anti-Regierungsdemonstration geplant, die jedoch aufgrund der äusserst einschüchternden Präsenz von Sicherheitskräften in Manama abgesagt wurde.
Mehr als zwei Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft – darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Ihre Rechte auf freie Meinungsäusserung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Personen gekommen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäussert haben. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung unterzuordnen, als wirksame Rechtsmittel für BahrainerInnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.
Angesichts der aktuellen Gewaltzunahme und der geplanten Durchführung von Grossdemonstrationen durch die Opposition traf sich das Parlament von Bahrain am 28. Juli zu einer ausserordentlichen Sitzung und legte dem König von Bahrain, Scheich Hamad bin 'Issa Al Khalifah, anschliessend 22 Empfehlungen vor. Diese sehen eine Verschärfung der im Antiterrorgesetz von 2006 festgelegten Strafen vor. Am 29. Juli wurden die Empfehlungen vom König gebilligt, der seinen Premierminister daraufhin anwies, ihre umgehende Umsetzung durch die Regierung zu gewährleisten. Nach Artikel 38 der Verfassung von Bahrain ist der König befugt, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen, wenn sich das Parlament in den Ferien befindet. Unter diesen Umständen bereitet die Regierung die Gesetzesänderungen vor, die dann vom König ratifiziert werden.
Am 6. August erliess der König zwei Notverordnungen. Einer dieser Erlasse ändert das Gesetz über öffentliche Versammlungen und Demonstrationen aus dem Jahre 1973 und verbietet Demonstrationen, Sitzstreiks, Protestmärsche und öffentliche Versammlungen in der Hauptstadt Manama. Das Jugendschutzgesetz aus dem Jahre 1976 wurde ebenfalls reformiert. Darin steht nun, dass die Eltern von Jugendlichen unter 16 Jahren eine schriftliche Verwarnung des Innenministeriums erhalten, wenn die Jugendlichen an Demonstrationen, öffentlichen Versammlungen oder Sitzstreiks teilnehmen. Sollte der oder die Jugendliche sechs Monate nach der Verwarnung erneut bei einer Demonstration gesehen werden, drohen dem Vater eine Geld- oder Gefängnisstrafe oder beides. Amnesty International befürchtet, dass diese drakonischen Massnahmen dazu dienen, hart gegen Anti-Regierungsdemonstrationen vorzugehen, wie es bereits am 14. August der Fall war.