Drohende Abschiebung von Flüchtlingen
Die ägyptischen Behörden bereiten die Abschiebung von 13 syrischen StaatsbürgerInnen in die Türkei und von 28 PalästinenserInnen, die in Syrien gelebt hatten, in den Gazastreifen vor. Die Betroffenen, darunter mindestens 13 Kinder und zehn Frauen, waren vor dem bewaffneten Konflikt in Syrien geflohen und hatten Zuflucht in Ägypten gesucht. Auf der Grundlage des Völkerrechts ist Ägypten verpflichtet, Menschen zu schützen, die vor dem Konflikt fliehen.
Die ägyptische Marine nahm die Gruppe am 9. August in der Nähe des Hafens El-Dekhela in Alexandria wegen des „Versuchs, Ägypten auf illegalem Wege zu verlassen“, fest. Ein Staatsanwalt hat die Freilassung der Gruppe angeordnet, aber die Sicherheitskräfte halten die Menschen weiterhin aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ auf der Polizeiwache von El-Dekhela fest. Nachdem die Einwanderungsbehörde die Gruppe begutachtet hatte, erliess die Regierung die Anordnung, die 13 SyrerInnen in die Türkei abzuschieben und die 28 PalästinenserInnen, die in Syrien gelebt hatten, in den Gazastreifen auszuweisen.
Das Kairoer Büro des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) hat bestätigt, dass es sich bei mindestens acht der SyrerInnen um registrierte Flüchtlinge handelt. Alle PalästinenserInnen sind im Besitz von Dokumenten oder Registrierungsnummern, die belegen, dass sie im Syrien-Büro des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) registriert sind.
Alle Personen, die vor dem Konflikt in Syrien fliehen, brauchen internationalen Schutz, einschliesslich syrische StaatsbürgerInnen und palästinensische Flüchtlinge, die in Syrien leben. Die Verantwortung für den Schutz dieser Personen liegt bei dem Staat, in dem sich die Betroffenen aufhalten – in diesem Fall Ägypten. Ägypten ist zudem Unterzeichnerstaat des Übereinkommens zur Regelung der spezifischen Aspekte der Flüchtlingsprobleme in Afrika, auf dessen Grundlage Menschen, die vor internen bewaffneten Konflikten fliehen, als Flüchtlinge zu betrachten sind.
Hintergrundinformationen
Ein Reporter hat Amnesty International gegenüber erklärt, dass die Männer zusammen mit Straftatverdächtigen in einer Zelle der Polizeiwache von El-Dekhela festgehalten werden. Die Frauen und Kinder befinden sich an einem anderen Ort in der Polizeistation. Alle Gefangenen wurden zunächst in Handschellen gehalten, bis es ihren Rechtsbeiständen gelang, die Polizei zu überzeugen, die Handschellen abzunehmen. Mindestens zwei der Kinder leiden an gesundheitlichen Problemen, eins hat ein Herzleiden, ein anderes leidet an einer Darmentzündung.
Laut Angaben des UNHCR gibt es in Ägypten 107.112 Personen, die als Flüchtlinge aus Syrien registriert sind bzw. auf ihre Registrierung als Flüchtlinge warten. Nachdem das Militär Mohammed Mursi am 3. Juli entmachtet hatte, wurden umgehend strengere Richtlinien für SyrerInnen erlassen, die nach Ägypten einreisen. Sie brauchen seitdem vor der Einreise ein Visum. Seit dem 1. Juli haben die ägyptischen Behörden mindestens 160 SyrerInnen festgenommen und 48 von ihnen ausgewiesen. Am 26. Juli äusserte sich der UNHCR besorgt über die Situation der syrischen Flüchtlinge in Ägypten und warnte vor willkürlichen Festnahmen im Kontext einer „zunehmend anti-syrischen Stimmung“.
Etwa die Hälfte der 500.000 in Syrien lebenden palästinensischen Flüchtlinge sind im Zuge der Kämpfe oder damit verbundenen Menschenrechtsverstössen vertrieben worden. Nach Angaben örtlicher AktivistInnen sind 1.400 von ihnen getötet worden, in der Mehrzahl Zivilpersonen. Angesichts der prekären humanitären Situation aufgrund der fortgesetzten Blockade des Gazastreifens und eines fehlenden Systems für die Aufnahme von Flüchtlingen sollten PalästinenserInnen aus Syrien unter keinen Umständen in den Gazastreifen abgeschoben werden.