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Startseite Urgent Actions 2013 08 Roma families at risk of forced eviction
UA 211/13
Albanien
Abgeschlossen am 8. August 2013

37 Roma-Familien droht Zwangsräumung

AI-Index: EUR 11/001/2013

Etwa 37 Roma-Familien droht in Albanien die Zwangsräumung. Das Grundstück, auf dem sie leben, soll neu erschlossen werden. Der Landbesitzer hat die gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensrichtlinien nicht beachtet, und die Behörden haben keine Massnahmen ergriffen, um den Roma alternativen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Die Roma-Familien, von denen einige bereits seit zehn Jahren auf dem Gelände des ehemaligen Kunstzentrums in Rruga Kavaja in der Hauptstadt Tirana leben, sollen von dort vertrieben werden. Sie wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Entwicklungsgesellschaft Park Construction Albania am 7. August ihre Wohngebäude abreissen lassen wird. Einige der Roma haben das Gelände bereits verlassen, da ihre Unterkünfte schon abgerissen wurden.

Laut Angaben der albanischen Ombudsperson haben die Bauarbeiten auf einem Teil des Geländes bereits begonnen. Die Baugesellschaft hat den Zugang zu den Bereichen des Geländes versperrt, für die sie bereits eine Erschliessungsgenehmigung besitzt. Dadurch haben die Roma keinen ungehinderten Zugang mehr zu dem Grundstück. Die Firma teilte der Ombudsperson mit, dass sie das Gelände ganz absperren wird, sobald sie die letzte Erschliessungsgenehmigung erhalten hat. Bis dahin sollen die Roma das Gelände verlassen haben. Die Baugesellschaft behauptet trotz der Aufforderung der Ombudsperson, die einschlägigen rechtlichen und juristischen Verfahrensvorgaben einzuhalten, dass sie den Roma gegenüber keine Verpflichtungen habe, da diese das Land besetzt hielten und daher keinen Rechtsanspruch darauf hätten.

Die internationalen Standards für Zwangsräumungen gelten jedoch ungeachtet der Tatsache, ob sich die Betroffenen rechtmässig oder rechtswidrig auf dem Land befinden. Darüber hinaus ist der Besitzer des Landes nach albanischem Recht verpflichtet, die Roma zehn Tage im Voraus über die geplante Räumung in Kenntnis zu setzen. Keine der Familien hat aber bislang eine angemessene oder formelle Benachrichtigung über die anstehende Räumung erhalten. Sie sind vielmehr von MitarbeiterInnen der Baufirma bedroht worden, und mehrere Roma haben deshalb bei der örtlichen Polizeiwache bereits Anzeige erstattet.

Hintergrundinformationen

Eine Sprecherin der Entwicklungsgesellschaft Park Construction Albania hat der Ombudsperson mitgeteilt, dass sie die albanische Polizei aufgefordert hat, die Roma von dem Gelände zu entfernen. Doch um dies zu tun, muss die Gesellschaft bei Gericht einen Antrag stellen. Die Polizei kann lediglich den Gerichtsvollzieher bei einer Räumung unterstützen, und auch nur dann, wenn ein Gerichtsbeschluss zur Vollstreckung ausgestellt wurde. Die Gesellschaft hat erklärt, dass sie einen privaten Sicherheitsdienst beauftragen wird, wenn die Polizei nicht handelt.
Artikel 296 des bürgerlichen Gesetzbuchs Albaniens führt aus: „Der Eigentümer hat das Recht, seinen Besitz auf dem Rechtsweg von einem Besitzer oder Halter zurückzufordern. Dieses Recht hat auch jeder der Eigentümer eines Gemeinschaftseigentums. In diesem Fall kann nur ein Gericht einen schriftlichen Beschluss fassen, einzelne Personen von einem bestimmten Besitz zu entfernen. Kommt das Gericht zu der Auffassung, dass das Gelände dem Eigentümer gehört, dann kann das Gericht das Einschreiten von Gerichtsvollziehern fordern, um das Gelände zu räumen“.
Die albanische Regierung hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 1991 ratifiziert und ist somit an das Völkerrecht gebunden; dies schliesst auch Artikel 11(1) des Paktes sowie die Allgemeine Bemerkung Nr. 4 zu Artikel 11(1) des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mit ein. Darüber hinaus hat Albanien zugesagt, die Ziele der „Roma-Dekade 2005-2015“ (Decade of Roma Inclusion 2005-2015) erfüllen zu wollen. Die Roma-Dekade ist eine Initiative von zwölf europäischen Ländern zur Verbesserung des sozio-ökonomischen Status der Roma. Das Land hat ausserdem die albanische Strategie „zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Minderheit der Roma“ verabschiedet.
Das Völkerrecht schreibt vor, dass Räumungen lediglich als letztes Mittel durchgeführt werden dürfen, wenn bereits alle anderen Alternativen in echter Beratung mit den betroffenen Gemeinden ausgeschöpft wurden. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, die Betroffenen angemessen im Voraus über die Räumung in Kenntnis zu setzen. Darüber hinaus müssen die Behörden gewährleisten, dass niemand obdachlos wird oder durch die Zwangsräumung anderen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wird. Dazu gehört auch, den Betroffenen Rechtsbehelfe zuzugestehen, einschliesslich der Bereitstellung von Entschädigungen für die Zerstörung ihres Wohnraums, ihres Besitzes oder für Einkommenseinbussen.

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