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Startseite Urgent Actions 2013 01 Yemeni man at risk of imminent execution Yemeni man to be executed on 10 February
FI 023/13-1
Jemen
Abgeschlossen am 10. Februar 2013

Unmittelbar drohende Hinrichtung

AI-Index: MDE 31/002/2013

Muhammad Abdul Wahhab Faysal al-Qassem wurde von der Generalanwaltschaft mitgeteilt, dass er am 10. Februar hingerichtet werden soll. Ob er zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Straftat minderjährig war, ist noch immer umstritten.

Muhammad Abdul Wahhab Faysal al-Qassem wurde am 14. Februar 2005 von einem Gericht in der Stadt Ibb, 190 Kilometer südlich der Hauptstadt Sana‘a, zum Tode verurteilt. Er war schuldig befunden worden, im Februar 1998 einen Mord begangen zu haben. Sein Todesurteil wurde im Februar 2009 von einem Berufungsgericht aufrechterhalten und im Februar 2012 vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Vor Kurzem hatte der Präsident des Landes das Todesurteil ratifiziert. Muhammad al-Qassem befindet sich zurzeit im Gefängnis in Ibb. Muhammad Abdul Wahhab Faysal al-Qassem sagte Amnesty International, dass Angehörige der Generalstaatsanwaltschaft ihn kürzlich im Gefängnis besucht haben und ihm erklärten, er werde am 10. Februar hingerichtet. Vergangene Woche hatte man ihm gesagt, dass er zwei Wochen Zeit habe, um Besuch von seiner Familie zu empfangen, ein Testament zu schreiben und die Familie des Mannes, den er ermordet hatte, um Gnade zu bitten. Muhammad Abdul Wahhab Faysal al-Qassem beharrt weiterhin darauf, dass er zur Zeit des Mordes minderjährig war. Das Gericht habe 2004 sein Alter zur Tatzeit auf Grundlage gefälschter Schulzeugnisse und einer medizinischen Untersuchung, die niemals durchgeführt worden sein soll, auf über 18 festgelegt. Eine von ihm vorgelegte Kopie seiner Geburtsurkunde, die belegte, dass er zur Tatzeit noch minderjährig war, hatte das Gericht offenbar als Fälschung zurückgewiesen, obwohl sie bereits acht Jahre vor der Tat vom staatlichen Standesamt in Ibb ausgestellt worden war.

Hintergrundinformationen

Amnesty International ist seit langem über die Anwendung der Todesstrafe im Jemen besorgt, insbesondere da Todesurteile häufig nach Verfahren verhängt werden, die nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entsprechen. 2012 sind zahlreiche StraftäterInnen zum Tode verurteilt worden, Dutzende wurden bereits hingerichtet. Der Jemen hat bedeutende Fortschritte gemacht, was das Verbot der Verhängung von Todesurteilen gegen StraftäterInnen angeht, die zur Tatzeit minderjährig waren. 1991 ratifizierte die Regierung des Landes das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Zu diesem Zeitpunkt galt das grundsätzliche Verbot der Todesstrafe gegen Minderjährige nur für StraftäterInnen, die zur Tatzeit unter 15 Jahre alt waren. 1994 wurde dieses Verbot jedoch auf Personen ausgeweitet, die bei der Begehung eines Kapitalverbrechens unter 18 Jahre alt waren. Diese Bestimmung findet sich in Artikel 31 des Strafgesetzbuches, Gesetz 12 aus dem Jahr 1994, und ist ein bedeutender Schritt hin zur Anpassung der jemenitischen Gesetze an Artikel 37 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes und Artikel 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, zu deren Vertragsstaaten der Jemen gehört. Beide Verträge verbieten grundsätzlich die Verhängung der Todesstrafe gegen StraftäterInnen, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren. Dennoch gibt es weiterhin Fälle, in denen Gerichte die Todesstrafe gegen StraftäterInnen verhängen, die zum mutmasslichen Tatzeitpunkt möglicherweise unter 18 Jahre alt waren. Amnesty International weiss von derzeit mindestens 26 mutmasslichen minderjährigen StraftäterInnen, die bereits zum Tode verurteilt worden sind und von 200 weiteren, denen die Todesstrafe droht. In vielen Regionen des Jemen werden keine Geburtsurkunden ausgestellt oder von den Familien eingeholt. Dies führt häufig zu Unklarheiten über das genaue Alter von Jugendlichen, denen Verbrechen vorgeworfen werden. Üblicherweise beauftragt die Staatsanwaltschaft medizinische Gutachter mit der Bestimmung des Alters. Diesen wird jedoch in vielen Fällen vorgeworfen, bei ihrer Arbeit von der Staatsanwaltschaft beeinflusst zu sein und deren Ansicht hinsichtlich des Alters der Angeklagten mit ihren Beurteilungen zu unterstützen. Am 16. Juni 2012 wurde ein offizieller Ausschuss für medizinische Untersuchungen zur Bestimmung des Alters jugendlicher StraftäterInnen gegründet, der vor allem bei Fällen zum Einsatz kommen soll, in denen keine Geburtsurkunden vorliegen. Der medizinische Ausschuss wird von der UNICEF und der Europäischen Kommission unterstützt und finanziert. Weil jedoch entsprechende Gesetze fehlen und der Status des Ausschusses nicht genau definiert ist, konnte er bisher noch keine wirksame Arbeit leisten. An dem Fall von Muhammad al-Qassem war der Ausschuss nicht beteiligt. Amnesty International ist der Ansicht, dass Regierungsbehörden in Fällen, in denen nicht klar ist, ob eine Person zur Zeit der ihr vorgeworfenen Tat älter oder jünger als 18 Jahre war, eine Vielzahl von geeigneten Kriterien zur Bestimmung des Alters betrachten sollten. Zu den bewährten Verfahren für die Altersbestimmung gehört beispielsweise die Betrachtung der physischen, psychischen und sozialen Entwicklung. Bei der Anwendung dieser Kriterien sollte im Zweifel für den Angeklagten entschieden werden. In unklaren Fällen sollte die betreffende Person also als minderjähriger Straftäter behandelt und die Todesstrafe demnach nicht verhängt werden. Ein solcher Ansatz entspricht Artikel 3 (1) des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, der besagt, dass bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt werden muss. Am 23. März 2012 verabschiedete der Menschenrechtsrat die Resolution 19/37 über die Rechte von Kindern. Darin werden Staaten dazu angehalten: „Kinder, die wegen Verstössen gegen das Strafgesetz beschuldigt, angeklagt oder schuldig befunden werden, und bei denen Zweifel bezüglich ihres genauen Alters bestehen, solange als minderjährig zu betrachten, bis die Staatsanwaltschaft diese Annahme wiederlegen kann, und die Angeklagten wie Minderjährige zu behandeln, sollte kein Beweis für das Gegenteil erbracht werden.“ Amnesty International erkennt das Recht der Regierungen an, Personen, die einer als Straftat erkennbaren Handlung verdächtigt werden, vor Gericht zu stellen. Die Organisation wendet sich aber grundsätzlich gegen die Todesstrafe, da sie die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen und einen Verstoss gegen das Recht auf Leben darstellt.

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