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Startseite Urgent Actions 2012 04 Alleged feminist punk singers detained
UA 122/12
Russland
Abgeschlossen am 11. Juni 2012

Mutmassliche feministische Punksängerinnen inhaftiert

AI-Index: EUR 46/017/2012

Drei junge Frauen werden von den russischen Behörden in Haft gehalten, weil sie als Mitglieder der Punkband „Pussy Riot“ in einer Kirche einen Protestsong gespielt haben sollen. Am 19. April entschied eine Moskauer Gericht, die Haft der Frauen bis zum 24. Juni zu verlängern.

Nadezhda Tolokonnikova und Maria Alekhina wurden am 4. März festgenommen, Ekaterina Samutsevich am 15. März. Die drei Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren werden nach Paragraf 213 des Russischen Strafgesetzbuchs des „Rowdytums“ beschuldigt, weil sie am 21. Februar in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau einen Protestsong gespielt haben sollen. Falls sie schuldig gesprochen werden, könnte sie bis zu sieben Jahre Haft erwarten. Die drei Frauen geben an, sie hätten mit dem Protest in der Kathedrale nichts zu tun. Ihre Verteidigung hat gegen die Haftverlängerung der drei Frauen Rechtsmittel eingelegt, doch ein Termin für die Anhörung dieser Rechtsmittel steht noch aus.

Seit der Festnahme der drei Frauen haben einige ihrer Familienangehörigen sowie einer ihrer Rechtsbeistände Drohungen erhalten. Obwohl die Polizei und das Büro der Staatsanwaltschaft in Moskau über diese Drohungen in Kenntnis gesetzt wurden, scheint bislang keine Untersuchung eingeleitet worden zu sein. Darüber hinaus haben die Steuerbehörden Berichten zufolge die Bankkonten der Anwaltsvereinigung gesperrt, für die einer der Rechtsbeistände der Frauen arbeitet. Die AnwältInnen gehen davon aus, dass sie mit dieser Massnahme unter Druck gesetzt werden sollen, den Fall niederzulegen.

Der Protestsong mit dem Titel „Jungfrau Maria, befreie uns von Putin“ wurde von mehreren Mitgliedern der Band „Pussy Riot“ aufgeführt. Die Bandmitglieder trugen während des Auftritts Sturmhauben. In dem Lied wird die Jungfrau Maria aufgefordert, Feministin zu werden und den zukünftigen russischen Präsidenten Wladimir Putin zu vertreiben. Auch kritisiert der Song den Einsatz und die Unterstützung einiger VertreterInnen der russisch-orthodoxen Kirche für Wladimir Putin. Der Auftritt war Teil grösserer Proteste gegen Putin und die Unregelmässigkeiten bei den Wahlen. Diese Proteste und auch der antiklerikale und Putin-kritische Inhalt des Liedtextes scheinen der Grund für die Schwere der Anklagen zu sein, die gegen die drei Frauen erhoben wurden.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit ihrer Gründung im Jahr 2011 ist die feministische Punkband „Pussy Riot“ an öffentlichen Orten wie der Moskauer U-Bahn, dem Roten Platz in Moskau und auf Busdächern aufgetreten. In Interviews haben die Gruppenmitglieder den Medien gegenüber erklärt, dass sich ihr Protest unter anderem gegen die Einschränkung der Rechte auf freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit in Russland richtet sowie gegen unfaire politische Verfahrensabläufe und die Konstruktion von Straftatbeständen gegen Oppositionelle.
Die Aufführung des Protestsongs der „Pussy Riot“ in der Christ-Erlöser-Kathedrale zog eine weitreichende Diskussion in Blogs, sozialen Netzwerken und den Medien nach sich und führte sowohl zu unterstützenden als auch zu kritischen Reaktionen. Es gab auch diverse Äusserungen von VertreterInnen der russischen Regierung und der russisch-orthodoxen Kirche zu dem Auftritt. Anfangs forderte ein Vertreter der russich-orthodoxen Kirche Gnade für die Protestierenden. Doch später verlangten die KirchenvertreterInnen eine harte Bestrafung für die Frauen und ihre Strafverfolgung wegen des Schürens von Hass aufgrund der Religion.
Kurz nach der Aufführung in der Kathedrale nannte der Pressesprecher des zukünftigen Präsidenten Wladimir Putin den Protest verabscheuenswürdig und kündigte an, dass dieser Vorfall mit der notwendigen Konsequenz verfolgt werde. Doch mehrere offizielle VertreterInnen, darunter der Justizminister und der Sprecher des Oberhauses des russischen Parlaments, sprachen sich gegen die Inhaftierung der drei Frauen aus. Zuletzt weigerte sich der scheidende Präsident Dimitri Medwejew die Untersuchungshaft der Frauen zu problematisieren und gab zur Begründung an, dies wäre eine Einmischung in Justizangelegenheiten. Seiner Ansicht nach, meinte er weiter, hätten die Mitglieder von „Pussy Riot“ jedoch „erreicht, was sie sich erhofft haben – grosse Bekanntheit“.

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