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Belarus
Abgeschlossen am 6. Januar 2012

Menschenrechtler zu Haftstrafe verurteilt

AI-Index: EUR 49/024/2011

Ein Gericht in der Hauptstadt Minsk hat den Menschenrechtsverteidiger Ales Bialiatski zu viereinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Amnesty International betrachtet Ales Bialiatski als gewaltlosen politischen Gefangenen, der unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden muss.

Ales Bialiatski wurde der „Verschleierung von Einkommen in grossem Umfang“ für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Vorwürfe beziehen sich auf die Nutzung privater Bankkonten in Litauen und Polen. Mit diesen Konten sollte die Arbeit des belarussischen Menschenrechtszentrums Viasna unterstützt werden, dessen Vorsitzender Ales Bialiatski ist. Es gilt als wahrscheinlich, dass Ales Bialiatski Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wird. Der Prozess wies eine Reihe von Verfahrensmängeln auf, die darauf hinweisen, dass er politisch motiviert war. Die ZeugInnen wurden im Zeugenstand häufig nicht nach den Anklagepunkten befragt, sondern nach Ales Bialiatskis und ihren eigenen Menschenrechtsaktivitäten. Zu den von der Staatsanwaltschaft präsentierten Beweismitteln gehörten nicht authentisierte Kontoauszüge und Dokumente von anonymen InformantInnen – letzteres verstösst gegen belarussische Verfahrensvorschriften. Darüber hinaus verstiess die Staatsanwaltschaft gegen ein mit Litauen und Polen geschlossenes Abkommen zum Austausch von Informationen in Strafsachen, indem sie bereits vor Eröffnung des Strafverfahrens gegen Ales Bialiatski Informationen von polnischen und litauischen Banken einforderte.

Nach der Urteilsverkündung durfte Ales Bialiatski noch ein paar Worte sagen. In seiner Rede verwies er darauf, dass die Schikane von MenschenrechtsverteidigerInnen in Belarus der Verfassung zuwiderlaufe und im Widerspruch zu den Verpflichtungen stehe, denen Belarus durch die Ratifizierung internationaler Menschenrechtsabkommen unterliegt. Er erinnerte die Behörden daran, dass Belarus als Vertragsstaat der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern dazu verpflichtet sei, MenschenrechtlerInnen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Ales Bialiatski wandte sich herausfordernd an die Behörden: „Warum habt ihr die Erklärung unterschrieben? Hättet ihr es doch bloss gelassen! Tretet aus der UN aus, und aus der OSZE [Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa]! Dann ist wenigstens alles klar.“

Viasna wurde 2003 der offizielle Status als Organisation entzogen. Deshalb durfte Viasna auch kein Bankkonto in Belarus eröffnen. Die Behörden haben seither wiederholt Anträge auf Registrierung der Organisation abgelehnt. Seit 2005 gilt es in Belarus als Straftatbestand, im Namen einer nicht anerkannten Organisation zu agieren. Verstösse dagegen können mit zwischen sechs Monaten und einem Jahr Haft geahndet werden. Amnesty International erkennt das Recht der Behörden von Belarus an, Straftaten zu ahnden, geht aber in diesem Fall nach wie vor davon aus, dass die Anklagen gegen Ales Bialiatski politisch motiviert sind und darauf abzielen, seine legitimen Aktivitäten als Menschenrechtler zu behindern. Ales Bialiatski befindet sich seit dem 4. August in Minsk in Haft.

Hintergrundinformationen

Ales Bialiatski wurde am Nachmittag des 4. August im Zentrum von Minsk festgenommen. Zuvor war am Nachmittag das Büro von Viasna von Männern in Zivil umstellt worden. Als Viasna-MitarbeiterInnen das Gebäude verliessen, hörten sie, wie einer der Männer am Telefon sagte, dass Ales Bialiatski nicht dort sei.
Bei den Männern, die Ales Bialiatski festnahmen, soll es sich um Polizeikräfte der Abteilung für Wirtschaftskriminalität gehandelt haben. Nach der Festnahme sollen sie Alex Bialatski zu seiner Wohnung gebracht und diese dann durchsucht haben. Sie konfiszierten dort einen Computer. Anschliessend fuhren sie mit ihm ins Viasna-Büro, das sie fast eine Stunde lang durchsuchten. Im Büro beschlagnahmten sie Dokumente und Teile der Büroausstattung. Seine Frau und sein Kind, die sich in der Wohnung aufhielten, brachte man in ihr Sommerhaus ausserhalb von Minsk und durchsuchte dieses ebenso.
Amnesty International geht davon aus, dass Inhaftierung von Ales Bialiatski Teil der systematischen, bereits lange währenden Drangsalierung von zivilgesellschaftlich engagierten Personen und MenschenrechtsverteidigerInnen durch die belarussischen Behörden ist.
Nach den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 hat sich die Menschenrechtslage in Belarus in beispielloser Weise verschlechtert. Führende Oppositionelle sind inhaftiert, misshandelt und in unfairen Verfahren verurteilt worden. Kritische NGO, zivilgesellschaftliche engagierte Personen und JournalistInnen müssen nach wie vor mit Drangsalierungen rechnen.
Das Menschenrechtszentrum Viasna unterstützt Einzelpersonen und Familien, die von dem scharfen Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft betroffen sind.
Das belarussische Menschenrechtszentrum Viasna besteht seit 1998 und ist seit 1999 formell als NGO eingetragen. Nachdem Viasna in der Wahlbeobachtung aktiv war, wurde der Organisation 2003 der offizielle Status entzogen, und die Behörden haben seither wiederholt die behördliche Registrierung der Organisation behindert. Seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 stehen die Organisation und ihre MitarbeiterInnen im Rahmen der weitverbreiteten Schikane der Zivilgesellschaft durch die Behörden im ganzen Land verstärkt unter Druck.

 

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