Benutzerspezifische Werkzeuge
Amnesty Urgent Actions
Startseite Urgent Actions 2011 02 Libyan prisoner tortured
UA 019/11
Libyen
Abgeschlossen am 22. Februar 2011
Mitteilung schliessen

TEMPORARILY STOPPED

Because of the very instable situation in Libya, we decided to stop this action for now. On our website, you might find other actions to take for Libya : www.amnesty.ch. Thank you !

Comme la situation en Libye est très instable, nous avons décider d'arrêter cette action pour l'instant. Veuillez vous informer sur notre site internet www.amnesty.ch pour trouver des actions lancées par Amnesty pour la Libye. Merci !

Da die aktuelle Situation in Libyen ausgesprochen instabil und ungewiss ist, haben wir uns entschieden, diese UA vorerst zu stoppen. Informieren Sie sich regelmässig auf unserer Website www.amnesty.ch über eventuelle andere von Amnesty lancierte Aktionen zu der Situation in Libyen. Danke !

 

Foltervorwürfe

AI-Index: MDE 19/002/2011

Zwei Brüder wurden am 16. Dezember 2010 in Tripolis festgenommen. Es handelt sich vermutlich um gewaltlose politische Gefangene, die nur wegen ihres Engagements für die Kultur der Amazigh (Berber) festgehalten werden. Einer der Betroffenen hat ausgesagt, in Haft von Sicherheitskräften gefoltert worden zu sein. Beide Brüder befinden sich derzeit im Jdaida-Gefängnis und sind in Foltergefahr.

Die Zwillingsbrüder Mazigh und Madghis Bouzakhar waren am 16. Dezember in ihrem Zuhause in Tripolis von mutmasslichen Angehörigen des Geheimdienstes External Security Agency (ESA) festgenommen worden. Berichten zufolge beschuldigt man die beiden Brüder der „Spionage sowie der Zusammenarbeit mit Israel und der Unterstützung des Zionismus“. Amnesty International ist davon überzeugt, dass ihre Festnahme auf ihre Mitgliedschaft beim Amazigh-Weltkongress (World Amazigh Congress) und andere, die Amazigh-Kultur fördernde Aktivitäten zurückzuführen ist. Seit ihrer Verlegung am 27. Januar 2011 befinden sich Mazigh Bouzakhar und Madghis Bouzakhar im Jdaida-Gefängnis. Madghis Bouzakhar berichtete seinem Vater, dass er fast einen Monat lang in Einzelhaft gehalten und von ESA-MitarbeiterInnen verhört wurde und man ihn dabei gefoltert und anderweitig misshandelt habe. Madghis Bouzakhar erklärte, dass er der Foltermethode „Falaqa“ ausgesetzt wurde, bei der mit Stöcken und Gewehrkolben auf die Fusssohlen geschlagen wird. Madghis Bouzakhar wurde wegen eines Artikels über Berber und jüdischen Gemeinschaften in Libyen vernommen. Sein Bruder Mazigh Bouzakhar soll in Haft beschimpft und beleidigt worden sein. Der Vater der beiden Brüder gab an, aufgrund der scharfen Anschuldigungen um die Sicherheit seiner Söhne zu fürchten.

Der zur Verteidigung der beiden Brüder bestellte Anwalt stellte am 19. Januar bei den Behörden einen offiziellen Antrag auf Auskunft zum Fall der Zwillingsbrüder. Man teilte ihm daraufhin mit, dass sie sich unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft befänden. Am 23. Januar liess die Staatsanwaltschaft den Anwalt jedoch wissen, dass die Brüder am 27. Dezember 2010 dem Staatssicherheitsdienst übergeben wurden. Diese Angaben widersprechen der am 12. Januar auf der Website der ESA veröffentlichten Aussage, dass sich die beiden Brüder seit ihrer Festnahme wegen des Verdachts auf „Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten“ unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft befinden sollen. Ihr Vater durfte sie bisher zweimal in Anwesenheit von Sicherheitskräften an einem unbekannten Ort treffen und am 31. Januar, nachdem man die Brüder dorthin gebracht hatte, im Jdaida-Gefängnis besuchen. Dem zu ihrer Verteidigung bestellten Anwalt hat man Berichten zufolge bislang den Zugang zu seinen Mandanten und den Akten verweigert.

Hintergrundinformationen

Mazigh und Madghis Bouzakhar befanden sich über einen Monat lang – vom 16. Dezember bis zum 27. Januar – im Gewahrsam des Geheimdienstes ESA, was einen Verstoss gegen libysches Recht darstellt. Gemäss Artikel 26 der Strafprozessordnung müssen MitarbeiterInnen der Strafvollzugsbehörden Verdächtige innerhalb von 48 Stunden nach ihrer Festnahme an die Staatsanwaltschaft übergeben, es sei denn es handelt sich um Personen, die verdächtigt werden, die Staatssicherheit zu bedrohen; diese können bis zu sieben Tage in Gewahrsam gehalten werden, bevor sie angeklagt oder freigelassen werden. In Artikel 26 heisst es ausserdem, dass die Staatsanwaltschaft Beschuldigte innerhalb von 24 Stunden befragen muss und dann entweder einen Antrag auf fortdauernde Inhaftierung stellen oder die Betroffenen freilassen muss.
Amnesty International befürchtet, dass die Festnahme und fortdauernde Inhaftierung der beiden Männer auf die Unduldsamkeit der libyschen Behörden zurückzuführen ist, wenn es um Handlungen geht, die als Förderung der Kultur und Sprache der Amazigh angesehen werden. Als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist Libyen dazu verpflichtet, allen Menschen Schutz vor jedweder Diskriminierung, einschliesslich der Diskriminierung ethnischer, sprachlicher oder kultureller Art, sowie das Recht, am kulturellen Leben teilzunehmen, zu garantieren.
Die libyschen Behörden erklärten in ihrem Bericht, den sie dem UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung 2003 vorlegten, dass alle Libyer „der gleichen rassischen Herkunft sind, sich zum Islam bekennen und Arabisch sprechen“. In dem Bericht heisst es weiter: „Die Tatsache, dass alle Libyer eine gemeinsame Herkunft, Religion und Sprache haben, ist zweifelsohne ein entscheidender Faktor dafür, dass es keine Rassendiskriminierung im Land gibt.“ Libysche NGOs mit Sitz im Ausland, wie beispielsweise Libyan Working Group, Tabu Front for the Salvation of Libya oder der Amazigh-Weltkongress, widersprechen dieser Einschätzung und argumentieren, dass das libysche Staatsbürgerschaftsgesetz mit seiner Definition der Staatsbürgerschaft als „arabisch“ als solches schon diskriminierend sei. Darüber hinaus beklagen solche Organisationen, dass die Sprache und Kultur der Amazigh nicht anerkannt wird und die Amazigh-Gemeinschaften an der Pflege ihrer Sprache und Kultur gehindert werden. Das Gesetz Nr. 24 von 1369 verbietet den Gebrauch anderer Sprachen als Arabisch in Publikationen, in offiziellen Dokumenten, in öffentlichen Räumen sowie in Privatunternehmen. Zudem verbietet Artikel 3 des Gesetzes Nr. 24 die Verwendung „nicht-arabischer, nicht-muslimischer Namen“ entsprechend den Bestimmungen des Allgemeinen Volksausschusses (General People’s Committee). Das Gesetz sieht für Eltern keine Möglichkeit vor, gegen die Entscheidungen des Allgemeinen Volksausschusses Rechtsmittel einzulegen.
Die libyschen Behörden scheinen auch gegenüber MenschenrechtsaktivistInnen, die sich für die Kultur der Amazigh einsetzen, eher unduldsam zu sein, auch wenn diese sich im Ausland befinden. Im November 2009 wiesen libysche Behörden den stellvertretenden Leiter des Amazigh-Weltkongresses, Khaled Zerari, aus Libyen aus, als dieser zur Beerdigung eines bekannten Amazigh von Marokko nach Libyen kam. Bei seiner Ankunft am Flughafen wurde er mehrere Stunden lang verhört und anschliessend von libyschen BeamtInnen mit Polizeibefugnissen gezwungen, an Bord eines Fluges nach Rom zu gehen, von wo aus er dann nach Marokko zurückkehrte. Es wurde kein offizieller Grund für die Ausweisung genannt, aber man geht davon aus, dass ihm die Einreise nach Libyen aufgrund seines Einsatzes für die Rechte der Amazigh in Nordafrika verweigert wurde.

12 Briefe verschickt  
Downloads
UA 019/11 english
Microsoft Word Document, 61.0 kB
UA 019/11 français
Microsoft Word Document, 62.0 kB
UA 019/11 deutsch
Microsoft Word Document, 64.0 kB
Mehr zum Thema

Folter

Warum ist Folter immer falsch und nutzlos? Wie engagiert sich Amnesty für die Wahrung des absoluten Folterverbots? Mehr