Anwältin entführt und mit dem Tod bedroht
Eine Anwältin, die für die Menschenrechtsorganisation Asociación para una Sociedad más Justa (ASJ) arbeitet, wurde am 19. Oktober in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa von zwei unbekannten Männern entführt. Sie hielten sie 40 Minuten lang fest und drohten ihr, sie zu töten. Sie könnte in Lebensgefahr sein.
Die Anwältin, die zu ihrem Schutz nicht namentlich genannt werden will, winkte am 19. Oktober um 14:15 Uhr vor dem ASJ-Büro ein Taxi heran. Als sie mit dem Taxifahrer den Preis aushandelte, näherten sich ihr zwei Männer. Sie zwangen sie gemeinsam, in das Taxi zu steigen. Dem Taxifahrer befahlen sie, sich nach ihren Anweisungen zu richten.
Im Taxi gab der eine Mann dem anderen eine Waffe und fragte dann die Anwältin: „Arbeitest du für ASJ? Wer bezahlt dich? Wie viel bezahlt man dir? Versuchst du, Informationen über SETECH zu erhalten?“ SETECH ist eine private Sicherheitsfirma. Die Anwältin weigerte sich zu antworten. Die Männer sagten zu einander: „Wir sind bezahlt worden, um sie zu exekutieren...jetzt müssen wir das auch tun.“ Einer der Entführer herrschte sie an: „Wir haben dich was gefragt, Schlampe, antworte!“ Sie stellten der Anwältin noch weitere Fragen.
Nach etwa einer halben Stunde fingen die beiden Männer an zu streiten. Der eine Mann meinte, er sei sich nicht ganz sicher, das schien den zweiten Mann aus der Fassung zu bringen. Denn er befahl dem Taxifahrer daraufhin vor einem Baumarkt anzuhalten. Die Entführer sagten der Anwältin, sie solle das Fahrzeug verlassen: „Na los, steigen Sie aus. Überlegen Sie nicht lange. Gott sei mit Ihnen.“ Das Taxi fuhr anschliessend mit den beiden Männern davon. Sie blieb auf der Strasse zurück.
Hintergrundinformationen
Die Anwältin war schon am 21. September eingeschüchtert worden. Damals befand sie sich gerade im Büro des Arbeitsministers, um sich Schriftstücke zum arbeitsrechtlichen Schutz von Reinigungskräften und Wachpersonal anzusehen. Um 12:10 Uhr näherte sich eine Frau der Anwältin und riet ihr, die Untersuchung der Sicherheitsfirmen wegen des hohen persönlichen Risikos zu unterlassen. Die Frau fragte, ob es sich bei der Recherche um die Firma SETECH drehe und erinnerte die Anwältin an den Fall des ASJ-Anwalts Dionisio Díaz García, der 2006 wegen einer ähnlichen Arbeit ermordet wurde. Etwa 15 Minuten später tauchte ein Mann auf und fing an, mit der Anwältin zu reden: „Die Sicherheitsfirmen bestehen aus ehemaligen Militärs. Sie haben Auftragskiller.“ Er fuhr fort: „Sie nehmen ein Taxi, das hält irgendwann an, ein Motorradfahrer taucht auf, macht bumm, bumm und Sie gehen zu Boden. Hören Sie mit dieser Arbeit auf, verlassen Sie diese Institution.“ Dann fragte er sie, ob sie für ASJ Informationen über SETECH einhole. Die Anwältin antwortete, dass sie sich keine konkreten Firmen ansehe und lediglich Rechtsberaterin sei.
Dionisio Díaz García wurde am 4. Dezember 2006 von dem Beifahrer eines Motorrads erschossen. Der Anwalt vertrat zu der Zeit eine Reihe ehemaliger Sicherheitsleute, die angaben, ungerecht entlassen worden zu sein. Amnesty International startete zu diesem Fall mehrere Eilaktionen im Dezember 2006, in denen die Organisation auf die Drohungen hinwies, die andere Angehörige von ASJ nach dem Tod von Dionisio Díaz erhalten hatten. Infolge der Ermordung von Dionisio Díaz wurde die ASJ von der Inter-Amerikanischen Kommission für Menschenrechte 2007 unter Schutz gestellt.
Die Ermittlungen und die Gerichtsverfahren im Fall Dionisio Díaz fanden von 2007 bis 2009 statt und führten zu der Verurteilung eines ehemaligen Sicherheitsangestellten, der für SETECH gearbeitet hatte, und eines Polizeibeamten wegen der Tötung von Dionisio Díaz.