Drohende exzessive Gewalt
Einige peruanische Gemeinschaften protestieren zurzeit gegen ein Bewässerungsprojekt, das ihrer Ansicht nach ihre Wasserversorgung beinträchtigen könnte. Aufgrund eines neuen Gesetzes, das den Streitkräften das Recht einräumt, exzessive Gewalt gegen Protestierende anzuwenden, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen, befinden sie sich möglicherweise in Gefahr.
Als Reaktion auf das geplante Bewässerungsprojekt Majes Siguas II begannen am 13. September 2010 in Espinar, einer Stadt in der Nähe von Cusco im südlichen Teil des Landes, Protestaktionen. Obwohl zwei Justizentscheidungen die Einstellung des Ausschreibungsverfahrens für das Projekt sowie die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung angeordnet hatten, hat die Regierung bislang keine Anstrengungen unternommen, das Ausschreibungsverfahren einzustellen. Mittlerweile haben sich die Proteste von Espinar auf die nahe gelegene Stadt Cusco ausgeweitet, in der die Proteste auf breite Unterstützung durch die Bevölkerung stiessen und sich somit ausweiteten.
Das am 1. September vom Präsidenten des Landes per Dekret erlassene Gesetz Nr. 1095 billigt den Einsatz des Militärs bei Bürgerunruhen. Diese Bestimmung bezieht sich offenbar auch auf Demonstrationen. Bei früheren Einsätzen haben die peruanischen Streitkräfte bei der Wahrnehmung von Polizeiaufgaben Gewalt angewandt, was zu schweren Menschenrechtsverletzungen führte. Die Kompetenzen des Militärs sollten demnach einer strengen Prüfung unterzogen werden. Das Gesetz sieht ebenfalls vor, dass Militärangehörige, die bei Bürgerunruhen Straftaten begehen, vor Militärgerichte gestellt werden. Diese sind in Peru nicht unparteiisch und fällen somit immer noch häufig Urteile, die Angehörigen der Sicherheitskräfte Straffreiheit gewähren. Darüber hinaus verlangen internationale Menschenrechtsstandards, dass für Menschenrechtsverletzungen verantwortliche Personen vor Zivilgerichte gestellt werden.
Da weitere Protestaktionen befürchtet wurden, verabschiedete die peruanische Regierung am 11. September eine Resolution, die den Einsatz des Militärs in Espinar gemäss des neuen Gesetzes Nr. 1095 ausdrücklich billigt. Nach Meinung von Amnesty International verstösst dieses Gesetz gegen geltende Menschenrechtsstandards und könnte sowohl bei den gegenwärtigen Protesten in Espinar und Cusco als auch bei zukünftigen legitimen Protestaktionen zu exzessiver Gewaltanwendung führen. Sollte dies geschehen, so befürchtet Amnesty International, blieben zahlreiche Menschenrechtsverletzungen unbestraft. Im Laufe des vergangenen Jahres wurden mehrere Fälle exzessiver Gewaltanwendung durch die peruanischen Sicherheitskräfte dokumentiert.